Ein von russischen Raketenangriff zerstörtes Wohnhaus in Kyiv mit Street-Art-Graffiti von Banksy
Resilienz

Resilienz

Für mehr Widerstandskraft der Ukraine

Seit mehr als zwei Jahren wehrt sich die Ukraine entschlossen gegen den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands. Die Ukrainer/innen haben dabei schon unermessliches Leid erduldet: Nächtliche Bomben gehören in vielen Städten zum traurigen Alltag. Doch parallel zum Kriegsgeschehen muss das Leben weitergehen und die Wirtschaft laufen, müssen Schulen geöffnet bleiben, damit das Leid nicht noch größer wird. Wie dies mit viel Zuversicht durch die Menschen vor Ort sowie mit Unterstützung der KfW gelingt, zeigen drei Geschichten.

Psychologische Unterstützung für Erzieher/innen und Kinder

Zwei Kinder spielen an einem Tisch im Kindergarten № 14 (renoviert von USIF) in Lwiw.

Ein unbeschwertes Spielen ist weiterhin im Kindergarten möglich.

Das Kriegsgeschehen in der Ukraine trifft Kinder besonders hart. Regelmäßiges Sirenenheulen, der Wechsel in Schutzräume oder Bunker, bei Tag und bei Nacht. All das gehört mittlerweile zum Alltag. Gerade deswegen ist es wichtig, dass Schulen und Kindergärten weiter geöffnet bleiben, denn die Gemeinschaft mit anderen, das Spielen mit Gleichaltrigen kann Entlastung und Freude bringen. Ansonsten gingen Lernfortschritte verloren oder, schlimmer noch, Fähigkeiten können gar nicht erst erworben werden.

Allerdings brauchen Kinder in solchen Zeiten eine andere Ansprache und Betreuung. Darauf müssen sich auch die Erzieher/innen einstellen. Um ihnen Tipps und Tricks genau dafür an die Hand zu geben, bietet das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen UNICEF u. a. psychologische Trainingskurse und Fortbildungen unter Krisenbedingungen in der Ukraine an. Allein im Oktober und November 2023 haben mehr als 4.300 Psycholog/innen und Erzieher/innen an solchen Kursen teilgenommen. So auch drei Frauen aus einer Einrichtung in Schytomyr, einer Großstadt in der Zentralukraine. Sie haben einen dreitägigen Kurs besucht und dort z. B. gelernt, wie man Kinder mit Phantasie und Ablenkung beruhigen und besänftigen kann. Etwa mit leiser Musik oder mit einem Spiel, bei dem alle träumen, sie seien Schmetterlinge, die durch den Raum „schweben“.

EIne Gruppe von Kindern in einem Ruheraum mit Betten.

Im kindgerecht gestalteten Schutzraum kann auch während eines Alarms gespielt werden.

In Schytomyr wenden die Erzieher/innen das in den UNICEF-Kursen Gelernte an und versuchen, für die Kinder einen Rückzugsort zu schaffen, in dem sie sich trotz aller Gefahren behütet und sicher fühlen können. Das gilt auch für den Schutzraum, der zum Kindergarten gehört, hell gestrichen und voller Spielzeuge ist. Bei Luftschutzalarm müssen die Kinder dort zwar enger zusammenrücken, können aber weiterspielen. Und wenn sie dennoch Angst bekommen, greifen die Erzieher/innen auf die gelernten pädagogischen Strategien zurück. „Die neuen Techniken helfen Kindern, miteinander zu kommunizieren und Stress abzubauen“, berichtet eine Erzieherin.

Zusammen für die Ukraine

Die KfW und die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) setzen sich seit vielen Jahren partnerschaftlich für eine nachhaltige Entwicklung, Wirtschaftswachstum und Investitionsmöglichkeiten in der Ukraine ein.(Video auf Englisch und Ukrainisch mit englischem Untertitel)

Gemeinsamer Wiederaufbau einer zerstörten KfZ-Werkstatt

Khrystyna Stelmashchuk vor den Autos, die am Tag des Angriffs zerstört wurden. Die Autowerkstatt der Familie Stelmashchuk iin Lwiw wurde durch eine russische Rakete weitgehend zerstört.

Khrystyna Stelmashchuk vor Autos, die im April 2022 durch eine russische Rakete weitgehend zerstört wurden.

Familie Stelmashchuk aus Lviv hat viel durchgemacht: Im April 2022 zerstörte eine russische Rakete ihre Autowerkstatt. Um 8:30 Uhr morgens schlug das Geschoss auf dem Hof der Firma ein. Vermutlich sollte es die angrenzende Eisenbahnlinie treffen. Bei dem Angriff kamen auch Menschen zu Schaden: Vier Mitarbeiter des Unternehmens wurden getötet, zwei verletzt. Die Werkstatt glich einem Trümmerfeld.

„Es war sehr schwer, meinen Vater an diesem Tag zu sehen“, sagt die Tochter des Unternehmers, der die Werkstatt 13 Jahre davor gegründet hatte. „Er hat das Unternehmen aufgebaut, es war sein Lebenswerk. An diesem Tag starben Menschen, das Militär war da, die Feuerwehr. Es war schwer, einen klaren Kopf zu behalten. Nach einer Stunde gab es wieder Fliegeralarm, wir mussten alles so lassen, wie es war, auch ein Gebäude brannte noch, als wir wieder in den Schutzraum gingen.“

Gruppenfoto von Mitarbeitern r Autowerkstatt in der Region Lwiw in der Ukraine

Inzwischen geht es dem Unternehmen wieder gut. Aber der Familienbetrieb hat schlimme Zeiten erlebt. Hier ein Teil der Mitarbeitenden in der Werkstatt.

Ihr Vater sagt: „In den ersten vier Tagen waren wir nur mit Beerdigungen beschäftigt. Das war in dem Moment das Wichtigste. Als wir überlegten, wie es weitergehen sollte, kamen die Mitarbeiter zu mir und sagten: ´Wir wollen nicht weg, was können wir als nächstes tun?´ Dann fingen sie an, den Schutt wegzuräumen und zu überlegten, wie es weitergehen könnte. 29 Lastwagenladungen à 30 m³ haben wir weggeräumt. Die ganze Ausrüstung war zerstört.“

Mit viel Engagement und Eigeninitiative haben sich die Mitarbeitenden der Werkstatt zusammen in den folgenden Monaten durchgebissen. Dabei erhielten sie auch Unterstützung durch das SME Boost-Programm, aufgelegt von der International Organisation for Migration (IOM) und finanziert von der KfW im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Mit den Mitteln konnten sie die Werkstatt neu ausstatten und zum Beispiel vier Hebebühnen anschaffen.

„Der Angriff war schrecklich“, sagt der Unternehmer. Aber mit vereinten Kräften und der nötigen Unterstützung von außen habe sich die Firma erholt. „Heute haben wir wieder 50 Mitarbeitende.“

Energieversorgung ist ein Dauerthema

Olexandr Malyon Mitarbeiter von Ukrenergo steht vor einem Umspannwerk, in der Zentralregion der Ukraine

Ein Umspannwerk in der Ukraine

Roman* steht in Arbeitsmontur samt Helm vor einer Umspannstation irgendwo in der Ukraine. Mit ernster Miene und entschlossener Stimme sagt er: „Trotz des Beschusses und all der Attacken haben wir durchgehalten.“ Während er spricht, wendet er seinen Kopf und deutet auf die Energie-Anlagen hinter sich. „Das ist unser Beitrag zur Unabhängigkeit der Ukraine, ganz besonders zur Energieunabhängigkeit. Wir werden nicht zulassen, dass wir unsere Unabhängigkeit verlieren.“

Fakten und Hintergründe zur Ukraine-Hilfe der KfW

Die KfW bleibt ein enger Partner der Ukraine. Sie wird das Land in dieser schwierigen Zeit weiterhin unterstützen, verlässlich an seiner Seite stehen und Verantwortung übernehmen. Das gilt für die Stärkung der Resilienz der Ukraine in der derzeitigen Kriegssituation ebenso wie für den Wiederaufbau und den Annäherungsprozess an die EU.

Zur Sonderseite "Ukraine"

Roman* leitet eine Einheit des staatlichen Energieversorgers Ukrenergo, dem Betreiber des Stromnetzes in der Ukraine. Seine starken Worte haben einen Grund: Das russische Militär fliegt gezielte Angriffe auf das Stromnetz, meist mit Raketen, häufig aber auch mit Drohnen, welche die Hochspannungsleitungen treffen.

Besonders drastisch war es im Winter 2022: Durch die Angriffe wurden fast die Hälfte der Übertragungsleitungen und bis zu 60 % der Kraftwerke beschädigt oder sogar zerstört. Jede Stunde waren Ukrenergo zufolge damals bis zu 12 Millionen Menschen ohne Licht. Auch mit finanzieller Unterstützung der KfW gelang es, 95 % des Hochspannungsnetzes in der Ukraine vor Beginn der Winterperiode 2023/2024 wiederherzustellen.

Anwohner der Stadt Kyiv räumen nach einem Angriff die Trümmer weg, Bauarbeiter reparieren Straßen und Stromleitungen.

Zerstörte Stromleitungen in Kyjiw werden repariert.

Die permanente Arbeit am Stromnetz zählt zu den wichtigsten Zielen der ukrainischen Regierung. Denn Elektrizität ist für fast alles eine unabdingbare Voraussetzung. Ob Betriebe, Schulen oder Krankenhäuser, ob Wohnungen oder Heizungen – immer ist Strom im Spiel. Siebzig mobile Reparaturteams mit rund 1.500 Spezialisten hat Ukrenergo im Einsatz. Sie arbeiten 24 Stunden, sieben Tage die Woche. Unter hohem Risiko für ihr Leben versuchen sie, Schäden nach Angriffen so schnell wie möglich zu beheben.

Das Netz ist eine permanente „Baustelle“ für die Ukraine. So erzählt etwa Alexander*, Chef-Ingenieur eines Umspannwerks: „Es ist eine endlose Stresssituation. Ich liebe meinen Job, doch ich fürchte immer, ein Angriff könnte kommen und ich das Ziel sein. Aber ich sage mir einfach, dass wir dagegenhalten müssen. Danach wird dann wieder das schöne Leben kommen.“

*Aus Sicherheitsgründen werden die Ukrenergo-Ingenieure nur mit Vornamen genannt.

Auf KfW Stories veröffentlicht am 7. Juni 2024.

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Alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedeten im Jahr 2015 die Agenda 2030. Ihr Herzstück ist ein Katalog mit 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung, den Sustainable Development Goals (SDGs). Unsere Welt soll sich in einen Ort verwandeln, an dem Menschen ökologisch verträglich, sozial gerecht und wirtschaftlich leistungsfähig in Frieden miteinander leben können.