KfW Research
Female Entrepreneurship
Mobilisierung von Gründerinnen ist eine wirtschaftliche Chance und gesellschaftliche Aufgabe
Frauen sind bei Existenzgründungen in Deutschland mit einem Anteil von durchschnittlich 39 % strukturell unterrepräsentiert. Eine bessere Mobilisierung von Gründerinnen ist somit ein wichtiges wirtschaftspolitisches Handlungsfeld. Denn eine höhere Gründungsbeteiligung von Frauen könnte nicht nur der seit Jahren verhaltenen Gründungsaktivität insgesamt einen Schub verleihen. Mit einer höheren Diversität bei Gründungen würde auch eine bessere und gerechtere Verteilung von Talenten in der Volkswirtschaft einhergehen.
Doch was unterscheidet Frauen und Männer entlang des Gründungsprozesses? Mit welchen spezifischen Hemmnissen sehen sich Frauen konfrontiert und wie können die Rahmenbedingungen für Gründerinnen verbessert werden? Diesen Fragen widmet sich eine Studie von KfW Research zum Female Entrepreneurship in Deutschland.
Strukturelle Unterschiede bei Gründungen von Männern und Frauen
Für ein umfassendes Verständnis über die geschlechterspezifischen Gründungsaktivitäten untersucht die Studie diese entlang des gesamten Gründungsprozesses. Hierbei werden zwei zentrale Punkte deutlich:
Frauen weisen bereits eine geringere Gründungsneigung auf. Ihr Anteil an allen, die unabhängig von ihrer aktuellen persönlichen Situation lieber selbstständig statt angestellt wären (Gründungsaffine), liegt im Durchschnitt bei 37 %, also leicht unter ihrem Anteil bei den Gründungen von 39 %.
Frauen gründen anders als Männer. Sie tendieren beispielsweise eher zu Gründungen in den freien Berufen, als Soloselbstständige, im Nebenerwerb und sind bei innovations- und wachstumsorientierten Start-up-Gründungen seltener vertreten.
Bedeutende Hemmnisse für mehr Geschlechtervielfalt
Der aktuelle Stand der Forschung zeigt: Neben expliziten Hemmnissen, wie etwa Fehlanreize im Transfersystem, beeinflussen vor allem kulturelle Rahmenbedingungen als weiche Faktoren die Gründungstätigkeit von Männern und Frauen unterschiedlich.
- Geschlechterstereotypen werden bereits durch Eltern und Lehrer weitergegeben und beeinflussen schon früh Bildungspräferenzen. Sie führen zu einer unterschiedlichen Wahrnehmung der eigenen Fähigkeiten, einer höheren Risikoaversion bei Gründerinnen, oder etwa zu unterschiedlichem Vertrauen in die Erfolgschancen einer Fremdfinanzierung.
- Die familiäre Arbeitsteilung folgt nach wie vor traditionellen Rollenbildern und geht mit einer Doppelbelastung von Gründerinnen einher.
- Aufgrund gewachsener Strukturen im Ökosystem besitzen Frauen seltener Zugang zu Netzwerken und einen schwierigeren Zugang zu Wagniskapital. Es bestehen zudem zu wenige weibliche Rollenvorbilder für Gründerinnen oder Investorinnen.
Zentrale Handlungsoptionen für die Mobilisierung von Gründerinnen
Um Chancengleichheit zwischen Männern und Frauen entlang des gesamten Gründungsprozesses herzustellen, bedarf es eines breit angelegten und tiefgreifenden Wandels. Zum einen sind institutionell angelegte Hemmnisse kritisch zu prüfen, bspw. bei Betreuungsangeboten, Elterngeld oder Ehegattensplitting. Zum anderen sind vielfach langfristig angelegte Maßnahmen erforderlich. Dazu gehören die erhöhte Sensibilisierung für Geschlechterstereotypen bei Eltern und Lehrkräften, die Entwicklung positiver weiblicher Rollenvorbilder oder eine feste Verankerung von Entrepreneurship Education in Lehrplänen. Die Studie diskutiert zentrale Handlungsoptionen wobei vier Aktionsbereiche vorrangig erscheinen:
1.) Den Gründungswunsch von Frauen erhöhen,
2.) mehr Gründerinnen von „Unternehmen“,
3.) mehr Gründerinnen mit Wachstums-, Technologie- und Innovationsorientierung und
4.) den Zugang zu Venture Capital verbessern.
Stand: November 2022
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