Stadtwohnungen mit Atmosphäre

Vor der Sanierung bot das Haus ein Bild des Jammers: Das Dach war einge­stürzt, Geschoss­decken teilweise weg­gebrochen, im Haus wuchsen Moos, Farne und sogar kleine Bäume. Gestützt wurde der Bau fast nur noch von den Gebäuden rechts und links sowie vom soliden Treppen­haus. Doch die drei Bauherren um Architekt Christian Bodensteiner erkannten das Potenzial. Und sie hatten von Anfang an eine klare Idee, wie aus dem alten Gebäude ein charmantes Wohnhaus werden konnte:

Sie legten das Mauer­werk weit­gehend frei und ergänzten Lücken in Wänden mit wieder­verwendeten Abbruch­ziegeln. Die Geschoss­decken wurden komplett neu aufgebaut – aus Ziegel­einhänge­decken, wie sie bei Altbau-Sanierungen gerne eingesetzt werden. Innen­wände wurden teilweise entfernt, um Wohnungen mit groß­zügigen Räumen zu schaffen. Die früheren Toiletten, im Treppen­haus auf den Zwischen­podesten gelegen, wurden im Niveau angehoben, den Wohnungen zugeordnet und als Bade­zimmer ausgebaut. Das Treppen­haus selbst blieb bestehen.

Und das eingestürzte Dach? Da es nichts mehr zu retten gab, hatten die Bauherren hier mehr Freiheiten: Sie bauten den Dach­stuhl neu auf und hoben das Dach an der Innen­hofseite an. Dadurch entstand eine luftige zwei­geschossige Maisonette­wohnung mit Dachterrasse.

In ihrer Art erhalten blieb die Fassade zur Straßen­seite. Auch sie besteht aus dem rötlichen Ziegel­mauer­werk, stolze 60 cm stark und komplett massiv. Die neuen Fenster wurden durch markante Umrahmungen einge­fasst, die Fenster­stürze sind nach wie vor gut sichtbar. Die Außen­wände wurden wie die Innen­wände mit einer mineralischen, wasser­abweisenden Lasur überzogen. Schmückender Putz wie an den Nachbar­häusern ist hier nicht zu finden.

Wichtig war es den Bauherren, möglichst viele Bau­teile zu erhalten – nicht nur die alten Ziegel, sondern zum Beispiel auch die Wohnungs­eingangs­türen, Zimmer­türen und das Treppen­geländer. Das lohnte sich auch wirtschaftlich: Die Sanierungs­kosten lagen bei gut 1.300 Euro pro m² und damit einiges unter dem Durch­schnitt vergleich­barer Projekte.

In puncto Nachhaltigkeit hat das Gebäude einiges zu bieten. Schon die eigentliche Sanierung sparte viel Energie und Material ein, schließlich wurde ein Abriss samt aufwendigem Neubau vermieden. Und nach der Fertig­stellung ist das Haus für viele Jahre gut gerüstet:

• Die Fassade zur Rückseite erhielt eine gut gedämmte Hülle, während die Wände zu den Nachbar­gebäuden gar keine Wärme­dämmung brauchten.
• Die neuen Fenster entsprechen modernen Dämmstandards.
• Im Dach verhindert eine Zellulose­dämmung unnötige Wärmeverluste.
• Die Dachfläche selbst trägt Solar­kollektoren, um die Brenn­wert­heizung zu unterstützen.
• Die Schleifen der Fußboden­heizung sind besonders eng gelegt, um die Vorlauf­temperatur absenken zu können.
• Der Schallschutz wurde optimiert, vor allem durch die neuen Wohnungs­zuschnitte und die Ziegel­einhängedecken.
• Die Haustechnik ist intuitiv bedienbar und kaum störanfällig.

Im Ergebnis erreicht das sanierte Haus die Effizienzhaus-Stufe 100 – ein erstaunlicher Wert für ein historisches Gebäude. Zusätzlich konnten barriere­freie Elemente berück­sichtigt werden, vor allem die groß­zügigen Raum­zuschnitte und Bewegungs­flächen, aber auch barriere­arme Sanitär­bereiche und Abstell­flächen im Hof.

All das trägt dazu bei, dass die Bauherren und die Miet­parteien rundum glücklich sind. „In der Tat würde ich‘s nochmal machen. Wir sind sogar schon dabei, wieder neue Projekte hier zu beginnen“, zeigt sich Christian Bodensteiner zufrieden.