5 Fakten zu ESG, EU-Taxonomie und CSRD

1. Wofür stehen ESG, EU-Taxonomie und CSRD?

Portrait von Constanze Trautwein
Dr. Constanze Trautwein, Research Fellow des Borderstep Instituts und Mitgründerin von ImpactNexus

Bis 2050 soll die EU klima­neutral werden. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde der European Green Deal Ende 2019 von der Europäischen Kommission vorgestellt. Er umfasst verschiedene Bausteine, wie etwa die EU-Taxonomie und CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive), die Aus­wirkungen für Unter­nehmen haben. Aber welche genau?

Die EU-Taxonomie ist ein Regel­werk für Unter­nehmen, in dem festgelegt ist, welche Wirtschafts­aktivitäten bestimmter Branchen als nach­haltig eingestuft werden. Wenn Unter­nehmen als nicht nach­haltig im Sinne der Taxonomie gelten, kann dies negative Folgen nach sich ziehen, zum Beispiel was ihre Kredit­würdigkeit betrifft. Die EU-Taxonomie-Verordnung umfasst im ersten Schritt sechs Umweltschutz­ziele, beispielsweise den Übergang zu einer Kreislauf­wirtschaft. Als taxonomie­konform gelten Unter­nehmen, die einen wesentlichen Beitrag zur Erfüllung eines der sechs Umwelt­ziele leisten und gegen keines der anderen Ziele verstoßen sowie Mindest­standards, etwa bei Menschen­rechten und Arbeits­bedingungen, einhalten.

Die CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) in Verbindung mit dem ESRS (European Sustainable Reporting Standard) ist der daran anknüpfende Berichts­standard. Die CSRD hebt die Nachhaltigkeits­berichter­stattung auf eine Stufe mit der Finanz­bericht­erstattung. Das heißt konkret: Bislang standen für die meisten Unter­nehmen finanzielle Kenn­zahlen im Vorder­grund. Jetzt kommen schritt­weise für immer mehr Unter­nehmen nicht­finanzielle Kenn­zahlen zur Unternehmens­bewertung hinzu. Die CSRD-Berichts­pflicht gilt für große Unter­nehmen mit einer Bilanz­summe von mindestens 20 Millionen Euro, einem Netto­umsatz­erlös von mindestens 40 Millionen Euro oder mindestens 250 Beschäftigten. Sie gilt jedoch auch für kapitalmarkt­orientierte mittlere Unternehmen.

Sowohl die EU-Taxonomie als auch die CSRD enthält ESG-Kriterien. Die Abkürzung ESG steht für Environmental, Social and Governance – zu Deutsch: Umwelt, Soziales und gute Unternehmens­führung. ESG-Kriterien zeigen, wie nach­haltig ein Unternehmen wirtschaftet bzw. welche Nachhaltigkeits­risiken es gibt.

2. Warum sollten sich Gründer­innen und Gründer mit diesen Instrumenten und insbesondere den ESG-Kriterien auseinander­setzen?

Die Gründung eines grünen Unter­nehmens verpflichtet zunächst nicht dazu, ein ESG-Reporting zu erstellen oder die eigene Nach­haltigkeit zu reflektieren. Dennoch kann dies sinnvoll sein, da die früh­zeitige Auseinander­setzung mit diesen Themen dabei hilft, Erfolgs­chancen zu erhöhen sowie Risiken und Kosten zu minimieren. Auf lange Sicht kann Nach­haltigkeit zu einem wichtigen Wettbewerbs­vorteil gegenüber konkurrierenden Unter­nehmen werden.

ESG-Kriterien im Rahmen der CSRD oder der EU-Taxonomie können außerdem relevant werden, wenn das eigene Produkt oder die eigene Dienst­leistung Teil der Wertschöpfungs­kette eines großen, berichts­pflichtigen Unter­nehmens ist.

Gründerinnen und Gründer sollten bewusst reflektieren, wie sie in den Bereichen Umwelt, Soziales und gute Unternehmens­führung aufgestellt sind – und wo in ihrem Geschäfts­modell dies­bezüglich Stärken und Schwächen liegen. Hierbei hängt es stark von der Branche und dem Geschäfts­modell ab, welches die wesentlichen Nach­haltigkeits­aspekte sind.

3. Zu welchem Zeit­punkt einer Gründung sollte man sich mit ESG-Kriterien auseinander­setzen?

So früh wie möglich, am besten bereits bei der Entwicklung des Gründungs­konzepts. Bei immer mehr Gründungs­förder­programmen spielen Nach­haltigkeits­aspekte eine Rolle. Genauso wie bei der Beantragung von Krediten oder der Erschließung anderer Finanzierungs­quellen. Wenn eine Due-Diligence-Prüfung für eine Finanzierung ansteht, sollten ESG-Aspekte bereits durchdacht sein. Denn sowohl für viele öffentliche als auch private Investoren und Investorinnen spielen Nachhaltigkeits­kriterien heute eine wichtige Rolle. Für sie ist neben einer finanziellen Due Diligence auch bei kleinen Unter­nehmen eine ESG-Due-Diligence relevant. Nach­haltigkeit ist dabei keine einmalige Heraus­forderung, sondern ein Thema, das eine stetige Reflexion erfordert. Mit jeder Wachstums- und Reifephase des Unter­nehmens stellen sich neue Fragen.

4. Wie geht man bei einer grünen Gründung konkret vor, um das Unter­nehmen ESG-konform aufzustellen?

Zunächst sollten Gründerinnen und Gründer die für das eigene Geschäfts­modell relevanten ESG-Kriterien identifizieren und ein Nachhaltigkeits­versprechen formulieren. Das kann mithilfe niedrig­schwelliger, kosten­loser Tools erfolgen, beispiels­weise mit dem Sustainable Business Canvas oder dem Sustainable Value Proposition Designer.

Es gibt zudem diverse Software­anbieter, die kostenlose Lösungen bereit­stellen, mit denen Unter­nehmen schnell und einfach die ESG-Leistung ihres Unter­nehmens überprüfen können.

Dabei geht es vor allem auch um Potenziale: Welche Aktivitäten führen zu positiven Nachhaltigkeits­wirkungen, wenn das Unternehmen wächst? Wo liegen Nachhaltigkeits­risiken? Es geht also darum zu reflektieren, welche positiven und negativen Auswirkungen die unter­nehmerische Tätigkeit zukünftig haben kann.

5. Wo lauern Schwierigkeiten und Risiken?

Die größten Heraus­forderungen sind meist mangelnde Ressourcen und fehlendes Wissen zu Beginn der Gründung. Gründerinnen und Gründer können wichtige Nachhaltigkeits­aspekte unabsichtlich übersehen. Wer sich jedoch früh mit dem Thema Nach­haltigkeit befasst, ist langfristig besser aufgestellt und resilienter. Mit zunehmendem Wachstum vergrößern sich schließlich auch Probleme und Risiken. Unter­nehmen, die sich nicht mit ESG-Kriterien auseinander­setzen, erleiden daher mit höherer Wahrscheinlichkeit Schiffbruch, als Unter­nehmen, die sich offen gegenüber diesen Themen zeigen und sie als Chance begreifen.