Vergangene Krisen haben gezeigt: Resilienz ist für viele Unternehmen ein immer wichtiger werdender Faktor. Doch wovon hängt die Widerstandsfähigkeit von Unternehmen ab – und wie lässt sich diese verbessern? Ein Interview mit der Mittelstandsexpertin Prof. Dr. Friederike Welter.
Aktuell steht der Mittelstand in Deutschland vor mehreren Herausforderungen: Es gilt, die wirtschaftlichen Folgen der Pandemiejahre und des Angriffskriegs auf die Ukraine zu bewältigen. Die Unternehmerinnen und Unternehmer müssen sich mit der digitalen und ökologischen Transformation beschäftigen. All dies gelingt ihnen aber nur mithilfe der entsprechenden Fachkräfte. Und darin sehen aktuell die mittelständischen Unternehmerinnen und Unternehmer die größte Herausforderung, wie sie bei unserer Befragung für das Zukunftspanel Mittelstand 2022 hervorhoben. Ein Teil von ihnen gab sogar an, dass der Fachkräftemangel angesichts der digitalen Transformation und des Umbaus zu einer klimaneutralen Wirtschaft bereits zur existenziellen Frage geworden ist. Unabhängig davon ist aber immer damit zu rechnen, dass die mittelständischen Unternehmerinnen und Unternehmer mit Ad-hoc-Themen konfrontiert werden.
Als resilient gilt ein Unternehmen, wenn es seine Geschäftstätigkeit nach einer plötzlichen Störung erfolgreich langfristig fortsetzen kann. Resilienz kann sich dabei entweder auf das Geschäftsmodell beziehen oder auf das Unternehmen generell. Noch wichtiger ist jedoch die Resilienz der Person, die das Unternehmen leitet: Ist sie beispielsweise flexibel in ihrer Arbeitsweise? Wie sehr denkt sie lösungs- und chancenorientiert? Je mehr sie über solche Eigenschaften verfügt, desto positiver wirkt sich dies letztlich auf die Veränderungs- und Entscheidungsprozesse aus.
Diese Frage kann man so pauschal nicht beantworten – schließlich ist die Situation in jedem Unternehmen anders. Es kommt auf die individuellen Voraussetzungen an. Relevant ist beispielsweise die finanzielle Ausstattung oder das unternehmerische Umfeld. Ebenso unterschiedlich sind aber auch die Krisen – und nicht jede Krise ist per se bedrohlich für ein Unternehmen. Denken Sie nur an die Corona-Krise: Manche Branchen wurden von den wirtschaftlichen Folgen sehr hart getroffen – andere profitierten sogar von der Entwicklung während der Pandemie. Grundsätzlich blicken wir aber zuversichtlich auf die Zukunft des Mittelstands, denn die Mehrheit der Unternehmen hat immer wieder in Krisen bewiesen, dass sie kreativ und flexibel agiert.
Unternehmerinnen und Unternehmer können schon im Vorfeld einer Krise ihre Handlungsspielräume erweitern, wenn sie beispielsweise darauf achten, dass die Kapitalausstattung gut und das Geschäftsmodell diversifiziert ist. Ebenso wirken sich ein hoher Digitalisierungsgrad sowie ein gutes Netzwerk positiv auf die Krisenbewältigung aus.
Daneben entscheiden aber auch das unternehmerische Handeln und das Verhalten der Unternehmerperson darüber, wie robust ein Unternehmen ist. Ein weiterer Punkt ist der Grad der Krisenerfahrung. Um ein Beispiel zu nennen: Wir haben in einer unserer Studien die Krisenresilienz im Baugewerbe untersucht. Dabei zeigte sich, dass viele Unternehmerinnen und Unternehmer aufgrund der guten baukonjunkturellen Lage in den vergangenen 10 bis 15 Jahren wenige existenzbedrohliche Krisen erfahren haben. Was zunächst erfreulich ist, kann sich für die Krisenfestigkeit als Nachteil erweisen: Denn wer kaum mit Krisen konfrontiert wird, ist auch ungeübter in deren Abwehr sowie darin, strategische Vorbereitungen zu treffen.
Innovationen leisten einen sehr großen Beitrag. So zeigt unsere Forschung zur Innovationsbereitschaft von Unternehmen während der Corona-Pandemie, dass die Unternehmen diese Krise umso besser überstanden, je früher sie mit Innovationen auf die wirtschaftlichen Pandemiefolgen reagierten. Dabei spielte es so gut wie keine Rolle, ob sie Geschäftsmodell-, Produkt-, Dienstleistungs- oder Prozessinnovationen initiierten.
Digitale Technologien und Innovationen sind eng miteinander verknüpft: Digitale Technologien sind häufig die Basis für Innovationen, während Innovationen die Digitalisierung vorantreiben. Welche Bedeutung den digitalen Technologien zukommt, haben wir aber auch während der Corona-Pandemie gesehen: Sie ermöglichten in der Phase der Lockdowns vielen Beschäftigten, ihre Arbeit von zu Hause aus weiter auszuführen. Ebenso ermöglichten sie stationären Händlern und Restaurantbetreibern, ihre Waren online anzubieten.
Ludwig Erhard hat es stets als ein wesentliches Kennzeichen der Sozialen Marktwirtschaft bezeichnet, dass – ich zitiere – Unternehmerinnen und Unternehmer gerade in Krisenzeiten „ein fast unglaubliches Maß an Anpassungsfähigkeit besitzen, und dass es gerade dieses Sich-bewähren-Müssen im Markt ist, welches den wirtschaftlichen Fortschritt verbürgt“.
Diese Aussage hat sich in den vergangenen drei Jahren bestätigt: Viele mittelständische Unternehmerinnen und Unternehmer haben ihre Geschäftsprozesse und -modelle an die veränderten Markterfordernisse in der Pandemie angepasst. Sie haben während dieser Zeit die Digitalisierung in ihren Unternehmen vorangetrieben. Und trotz all der wirtschaftlichen Beeinträchtigungen sind sie weiterhin bereit, zukünftig wichtige Aufgaben anzugehen wie beispielsweise nachhaltiger zu wirtschaften.
Seite teilen
Um die Inhalte dieser Seite mit Ihrem Netzwerk zu teilen, klicken Sie auf eines der unten aufgeführten Icons.
Hinweis zum Datenschutz: Beim Teilen der Inhalte werden Ihre persönlichen Daten an das ausgewählte Netzwerk übertragen.
Datenschutzhinweise
Alternativ können Sie auch den Kurz-Link kopieren: https://www.kfw.de/s/deiBr8Aa
Link kopieren Link kopiert