Am Rande des Teutoburger Waldes ließ ein Paar eine verlassene Hofstelle als Paradies für Mensch und Tier wiedererstehen. Damit errangen die Retter der alten Immobilie den vierten Preis in der Kategorie Bestand beim KfW Award Bauen 2020.
Video: Am Rande des Teutoburger Walds hat das Ehepaar Ferrara aus einem alten Stall gemütlichen Wohnraum geschaffen. (KfW Bankengruppe/n-tv)
Als Kind kam Patrizia Ferrara immer wieder an dem Hof vorbei. Schon damals lag er verlassen da, und sie stellte sich vor, dort zu leben. Dann zog sie doch woandershin. Fast vierzig Jahre später zeigt sie ihrem Mann das „Traumschloss“ von einst. Jochen Ferrara hat als Architekt Erfahrung mit alter Bausubstanz, und so erkundigen sie sich nach dem Wie und Warum. Rechtsanwältin von Beruf, hilft Frau Ferrara dem damaligen Eigner aus langen Gerichtsverfahren um die Nutzung des Anwesens, und am Ende können die Ferraras dort selbst die Regie übernehmen – die Regie über eine Ruine, vermüllt, vermauert, zugewuchert. Der Ort wurde 1627 erstmals erwähnt, 1854 umgebaut, ein Vierseithof, wie er in der hügeligen Landschaft von Westfalen-Lippe typisch ist, aber immer seltener wird.
Da das Wohnhaus trotz Denkmalschutz nicht zu retten ist, baut das Paar den Stall zum Wohnen um. „Da konnten wir anfangs von unten nach oben durchgucken“, erzählen die Bauherren. Der Dachstuhl und viele Mauern müssen neu errichtet, die Dielenböden ersetzt werden, das Gebälk ist verrußt und lückenhaft. Mit Trockeneis gereinigt und fachgerecht ertüchtigt, hat die Struktur bald wieder Aura. Die Bauherren suchen Material aus Abbruchhäusern: dicke Eichendielen, Sandsteine, Türen, die ins Ambiente passen. Reste aus dem eigenen Abbruch werden kreativ wiederverwendet.
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Der ehemalige Stall wurde zum Wohnhaus umgebaut.
„Bloß nicht alles grade machen!“
„Das Gebäude hat viel vorgegeben“, sagt Jochen Ferrara bescheiden. „Es darf krumm bleiben. Wir wollen die alte Struktur sehen.“ Das müssen sie auch manchem Handwerker klarmachen, der gern einen Neubau daraus machen will. „Unser Ziel war, das Haus wiederherzustellen, wie es mal war, mit möglichst wenigen Eingriffen, aber energieeffizient“, sekundiert die Bauherrin. Immer wieder werfen sie die Planung um: „Als wir in der vermeintlichen Küche saßen, merkten wir, das passt nicht“, erzählen sie. Und sie siedeln in den nördlichen Teil hinter der Halle um. Wo die Küche geplant war, liegt jetzt ein Gästezimmer.
Wie in einer anderen Zeit
Was die Bauherren an Neuem ergänzen – hölzerne Sprossenfenster, massive Eichentreppen, ein dämmender Innenputz aus Kalk und Lehm, Fliesen sowie sparsame Einbauten für Küche und Bad –, fügt sich gut ein. Die mächtige Halle ist auch jetzt erlebbar: „Das ist ja ein Tanzsaal“, sagen Freunde. Aber die Ferraras finden: „Zu zweit kann man so offen wohnen.“
Versorgungsleitungen gab es in der isolierten Lage nur für Strom. Für Wasser mussten ein eigener Brunnen gebohrt und eine Kläranlage geschaffen werden. Die neue Technik – Pelletheizung und eine unterstützende Solaranlage – steckte man in ein Nebengebäude, wo es auch ein Arbeitszimmer gibt. So ist es im Haupthaus ganz still. Man fühlt sich dort wie in eine andere Zeit versetzt.
Doch lebendig geht es trotzdem zu: In die Remise vis-à-vis sind Pferde und Esel eingezogen, Hunde und Katzen wuseln herum. Wenn sie zu Hause sind, reiten die Ferraras gern durch den Wald vor ihrer Haustür. Aus dem schlafenden Hof ist nach fast zwei Jahren Umbau ein Refugium für Mensch und Tier geworden.
Das Projekt in Stichworten
Projekt: Wiederaufbau einer Hofstelle
Lage: 32971 Lage
Baujahr: 1627, 1854 und 2018
Bauherren: Patrizia und Jochen Ferrara
Architekt: Jochen Ferrara, Lage
Energieberater: Steffen Lingk, Lage
Wohnfläche: 240 Quadratmeter
Grundstück: 15.000 Quadratmeter
Qualitäten für die Bewohner: Ruhiges Wohnen nah an der Natur
Qualitäten für die Gesellschaft: Bewahrung der Kulturlandschaft
Energiesparen: Recycling alter Substanz, Dämmung, Pelletheizung
Auf KfW Stories veröffentlicht am 4. August 2020.
Zu diesen Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen leistet das dargestellte Projekt einen Beitrag
Ziel 7: Nachhaltige und moderne Energie für alle
Knapp 80 Prozent der weltweit erzeugten Energie stammt immer noch aus fossilen Energieträgern. Aus der Verbrennung fossiler Energieträger entstehen unter anderem Kosten für das Gesundheitssystem aufgrund der Luftbelastung und Kosten wegen Klimaschäden, die der Allgemeinheit und nicht nur den Verursachern schaden. Quelle: www.17ziele.de
Alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedeten im Jahr 2015 die Agenda 2030. Ihr Herzstück ist ein Katalog mit 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung, den Sustainable Development Goals (SDGs). Unsere Welt soll sich in einen Ort verwandeln, an dem Menschen ökologisch verträglich, sozial gerecht und wirtschaftlich leistungsfähig in Frieden miteinander leben können.
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