Erich-Kästner-Schule
Bildung

Bildung

Investitionsstau an Schulen

Die Räumlichkeiten der Erich-Kästner-Schule (EKS) in Bürstadt erstrahlen in neuem Glanz. Aber es dauerte Jahre, bis die Schule saniert und modernisiert werden konnte. Obwohl sich das Ergebnis sehen lassen kann, zeigt das Beispiel, wie groß der Investitionsstau in den deutschen Kommunen ist. Unsere interaktiven Grafiken liefern die Zahlen dazu.

Erich-Kästner-Schule
Abschluss

Über die erfolgreiche Sanierung freuen sich Klaus Hörr, Silke Arras, Stephanie Dekker, Stephan Brand und Andreas Kaldschmidt (v. l. n. r.).

Als Stephanie Dekker die Schulleitung an der EKS übernahm, waren die Bauarbeiten schon in vollem Gange. Zwischen dem zweiten und dritten Bauabschnitt trat sie ihr Amt an und war direkt mittendrin: Zwischen singenden Bauarbeitern und mobilen Klassenzimmern musste sie dafür sorgen, dass der Schulbetrieb aufrechterhalten wird. Dass manche Unterrichtsmodelle während der Umbauphasen nicht in gewohnter Weise stattfinden konnten, lag auf der Hand. Schnelle Lösungen und Improvisationstalent waren trotzdem immer parat, wenn es mal brenzlig wurde. Der Unterricht ging immer vor. Vor allem die Schüler haben diese stetigen Veränderungen sehr unproblematisch aufgenommen und sich immer gefreut, wenn sie nach Vollendung eines Bauabschnitts in die neuen Räume durften. Das sei ein bisschen wie bei Harry Potter gewesen: „Alle drei Monate hatte ich ein neues Gebäude mit neuen Wegen, neuen Treppen und neuen Wänden“, erzählt Dekker lachend.

KfW Research

Das KfW-Kommunalpanel 2018 zeigt wachsende Investitionsbedarfe der Kommunen, die nicht abgedeckt werden können. Der wahrgenommene Investitionsrückstand steigt auf knapp 159 Milliarden Euro. Wie sinnvoll und notwendig Investitionen in die Schulgebäude für die Bildungserfolge in Deutschland sind, zeigt eine Studie von KfW Research.

Mehr erfahren

Bis solch ein Projekt jedoch voll durchstarten kann, ist erst mal ein großer Einsatz erforderlich. Aber nicht an den Schulen selbst, sondern bei den Städten, Gemeinden und Landkreisen, die als Schulträger für die Gebäude zuständig sind. Genehmigungen müssen eingeholt, Vergabeverfahren ins Rollen gebracht, Fristen eingehalten werden – ein großer bürokratischer Aufwand. Da erscheint es nicht verwunderlich, dass es circa ein Jahr Vorlaufzeit benötigt, bis eine erste belastbare Budgetplanung festliegt. Neben Fragen wie „Soll das alte Gebäude saniert werden oder doch lieber ein neues gebaut werden?“ müssen auch die verschiedenen Finanzierungsmöglichkeiten geklärt werden. Wenn beispielsweise Fördermittel genutzt werden sollen, bedeutet das, an unterschiedlichen Stellen Anträge einzureichen. Anschließend muss geklärt werden, wann das Geld abrufbar ist. Und zum Schluss müssen für alle Beteiligten Verwendungsnachweise erstellt werden. Im Prinzip dreht sich also alles nur um eines: das Geld innerhalb der engen Fristen zu investieren.

Lesen Sie unter der Infografik weiter.

Das ist aber leichter gesagt als getan. Der Verwaltungsaufwand, der damit für die Verantwortlichen im Kreis Bergstraße einhergeht, ist enorm. „Bis man mit den baulichen Maßnahmen letztendlich beginnen kann, sind fast zwei Jahre vergangen. Dann sind die Fristen kaum noch einzuhalten“, schildert Klaus Hörr, verantwortlicher Bauingenieur des Schulprojekts. Noch komplexer sei das Ganze, da meist mehrere Baumaßnahmen parallel laufen. Die Förderangebote von Bund und Ländern seien teilweise nicht kombinierbar, sondern konkurrieren miteinander, sagt Silke Arras. Sie ist zuständig für das Kreditportfoliomanagement und öffentliche Förderungen im Kreis Bergstraße. Die große Herausforderung dabei sei, alle Anforderungen in Einklang zu bringen, denn die Förderprogramme schnüren einen straffen Zeitplan. Der erforderliche Arbeitsaufwand gehe in der Bürokratie verloren und fehle dadurch im Projekt, erklärt Andreas Kaldschmidt, verantwortlich im Eigenbetrieb Schule und Gebäudewirtschaft des Kreises. Diese Problematik spiegeln auch die Ergebnisse des KfW-Kommunalpanels 2018 wider, das auf einer Befragung der Kommunen in ganz Deutschland basiert: Die Kapazitäten der Verwaltung und der Bauwirtschaft sind ausgelastet, das Personal fehlt. Projekte zu planen, Fördermittel abzurufen und Bauaufträge auszuschreiben, werde zum Wettlauf gegen die Zeit.

Lesen Sie unter der Infografik weiter.

Das ist nicht nur für die Beteiligten in den Kommunen eine große Belastung, auch die Unternehmen und Handwerker sind von diesen Prozessen oftmals abgeschreckt. Erst mal die ganzen Papiere ausfüllen und sich bewerben – eine große Zeitinvestition, und am Ende wird dann doch ein anderes Unternehmen beauftragt. In der Privatwirtschaft laufen die ganzen Prozesse wesentlich schneller und einfacher ab, sagt Kaldschmidt. Verantwortlich für diese Hürden sei seiner Meinung nach unter anderem das Vergaberecht. Die Herstellung von Wettbewerb erscheint zwar allen Beteiligten einleuchtend, dennoch wäre ein einfacheres Vergabeverfahren oftmals wünschenswert. Somit könnten insgesamt schnellere Reaktionszeiten erzielt werden. Hinzu kommt die gute konjunkturelle Lage in der Bauwirtschaft, die kurzfristige Beauftragungen zusätzlich erschwert. „Die Handwerker sind so gut ausgelastet, dass keine Angebote kommen. Das merkt man überall“, erwähnt Silke Arras. Dementsprechend aufwendig sei es dann für die Verantwortlichen im Landkreis, passende Angebote einzuholen und die Unternehmen zu engagieren. Meist benötige es mehrere Anläufe, die erforderlichen Fachkräfte für ein Projekt zu finden: „Der Markt ist da momentan einfach sehr leer gefegt“, erklärt Kaldschmidt. So ähnlich sieht es überall zwischen Flensburg und Garmisch-Partenkirchen aus, wie die Ergebnisse des KfW-Kommunalpanels bestätigen: Wenn überhaupt Angebote eingereicht werden, fallen zudem die Preise höher aus als ursprünglich kalkuliert. Trotz steigender Investitionsausgaben wird also unterm Strich nicht unbedingt mehr gebaut.

Lesen Sie unter der Infografik weiter.

Nur müssen die Schulen meistens nicht nur saniert werden. Auch Erweiterungen und Neubauten sind aufgrund von Zuwanderung und starken Geburtenraten in vielen Kommunen dringend erforderlich. Alleine im Schulbereich liegt der Investitionsrückstand laut KfW-Kommunalpanel bei 47,7 Milliarden Euro. „Das KfW-Kommunalpanel zeigt, dass vielerorts die Investitionstätigkeit mit den steigenden Bedarfen nicht Schritt halten kann“, sagt Dr. Stephan Brand von KfW Research. Ob die aktuellen Trends so bleiben, wissen die Akteure in den kommunalen Verwaltungen heute noch nicht mit Sicherheit. Eine flexible Mischnutzung, die bereits beim Bau berücksichtigt würde, könnte an dieser Stelle die Lösung des Problems sein. Damit zum Beispiel Turnhallen der Schulen auch für Events der lokalen Vereine genutzt werden können. Die Räumlichkeiten der EKS werden abends beispielsweise für Kurse der Volkshochschule genutzt. Für Kaldschmidt liegt die Lösung auf der Hand: Vereinfachung und Entzerrung der Abläufe, damit besser auf die örtlichen Gegebenheiten eingegangen werden kann.

Lesen Sie unter der Infografik weiter.

Schulleiterin Dekker hat diese Probleme jetzt erst mal nicht mehr. Für die EKS steht fest: Die Geduld und der Aufwand haben sich gelohnt. Anders als in vielen deutschen Kommunen konnten in Bürstadt die Investitionsbedarfe an dieser Schule abgebaut werden. Der Umbau der EKS war ein Erfolg, die Schule hat nun eine sehr positive Ausstrahlung. Vor allem der Multifunktionsraum sei dem Kollegium sehr wichtig gewesen, und auch das helle Foyer wirke jetzt einladend: „Das ist ein Ort, an dem Menschen gerne zusammenkommen“, so die Schulleiterin. Diesen positiven Eindruck hinterlässt die frisch sanierte Schule auch bei den Schülern. Im Rahmen eines Wettbewerbs wurde das neue Schullogo entworfen. Klar erkennbar sind darauf die beiden markanten, roten Notausgangstreppen, die aus Brandschutzgründen angebaut wurden. Daran werde auch deutlich, dass sich die Schüler mit ihrer modernisierten Schule identifizieren. Das sei sehr wichtig, damit das Gebäude möglichst lange in diesem schönen, renovierten Zustand bleibt, und das gelinge viel besser, wenn man sich damit identifizieren kann, sind sich die am Bauprojekt Beteiligten sicher.

Auf KfW Stories veröffentlicht am: Donnerstag, 15. November 2018

null

Alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedeten im Jahr 2015 die Agenda 2030. Ihr Herzstück ist ein Katalog mit 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung, den Sustainable Development Goals (SDGs). Unsere Welt soll sich in einen Ort verwandeln, an dem Menschen ökologisch verträglich, sozial gerecht und wirtschaftlich leistungsfähig in Frieden miteinander leben können.