Kochen über offenem Feuer ist gefährlich. Der giftige Rauch tötet jedes Jahr Millionen Menschen. Biogasherde helfen dabei, die Gesundheit von vor allem Frauen und Kindern zu schützen. Ein Bericht aus Bangladesch und Nepal.
Ein kleines Haus in der Nähe der Stadt Jessore in Bangladesch: „Kochen ist so viel leichter geworden”, sagt Sheuli Begum und führt in ihre Küche. Sie dreht den Hahn auf, zündet das ausströmende Biogas an, stellt den Topf auf die Flamme und gießt Öl hinein. Das Gas entsteht in der gemauerten Biogasanlage hinter dem Haus,den Rohstoff liefern die dort grasenden Kühe.
„Einmal pro Tag muss ich die Anlage mit 80 Kilo Kuhmist und Wasser befüllen”, sagt die 26-Jährige. Daraus entsteht genügend Gas, um täglich drei warme Mahlzeiten zubereiten zu können. Kochen ist ein Vergnügen geworden.
Früher war es eine Last: „Ich musste täglich Holz und Kuhdung sammeln, daraus ein Feuer machen und warten, bis die Glut so weit war. Und oft saß ich im Rauch, hustend und mit tränenden Augen”, erinnert sich die Mutter von zwei Kindern. Ihr neuer effizienter Herd hingegen ist sauber und rußfrei.
Mehr Tote als durch HIV und Malaria
Wie früher auch Sheuli Begum in Bangladesch bereiten noch immer drei Milliarden Menschen ihr Essen rund um den Globus auf offenen Feuern und ineffizienten Herden zu. Am giftigen Rauch der Kochfeuer sterben laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) pro Jahr 4,3 Millionen Menschen – die Emissionen kosten damit mehr Leben als HIV und Malaria zusammen.
Darüber hinaus verbringen vor allem Frauen Tausende Stunden mit unproduktiver Feuerholzsuche. In vielen Regionen wird Brennholz knapp. Schließlich führt der Ruß von vielen Hundert Millionen Kochfeuern zu starker Luftverschmutzung. Effiziente Herde schützen hingegen die Gesundheit gerade von Frauen und Kindern, sparen Zeit und Geld und schonen Umwelt und Klima.
Aus diesen Gründen fördert der Geschäftsbereich KfW Entwicklungsbank im Auftrag der Bundesregierung die Verbreitung von Biogasanlagen zum Kochen in Bangladesch und Nepal.
Die Biogasanlage von Sheuli Begum ist eine von inzwischen 35.000 installierten Anlagen in Bangladesch, bis Ende 2016 sollen es 50.000 sein. In Bangladesch kooperiert die KfW mit der dortigen Regierung, der Weltbank sowie anderen Geldgebern. Während die Weltbank Kredite bereitstellt, bezuschusst die KfW das Projekt mit 8,6 Millionen Euro.
Aus diesen Mitteln finanziert der Projektträger, die Infrastructure Development Company Limited (IDCOL), die Programmkosten, eine Refinanzierungslinie für Kleinkredite und Baukostenzuschüsse, die die Biogasanlagen für die Nutzer 25 bis 30 Prozent günstiger werden lassen.
Mit 28.000 Taka, rund 280 Euro, koste die Anlage von Sheuli Begum immer noch viel Geld, schließlich liege das monatliche Haushaltseinkommen auf dem Land bei rund 150 Euro, so Matthias Schmidt-Rosen, bei der KfW zuständig für das Biogasprojekt in Bangladesch.
„Für unsere Kunden ist eine Biogasanlage eine große Investition. Wir müssen sie erst überzeugen.”
„Wir haben 40 Euro angezahlt und über den Rest einen Kredit aufgenommen”, erzählt Sheuli Begum. Inzwischen verkauft sie jeden Monat einige Säcke mit Schlacke aus ihrer Biogasanlage als Dünger an die Nachbarn und verdient damit eigenes Geld.
Den Kredit bekam Sheuli Begum von Grameen Shakti. Das ist eine von rund zwei Dutzend Nichtregierungsorganisationen, die der Projektpartner IDCOL mit der Verbreitung der Biogasanlagen beauftragt hat.
Die Berater von Grameen Shakti informieren die Menschen über die Vorzüge von Biogas, räumen den Käufern Kredite ein, geben den Bau der Anlagen in Auftrag, beaufsichtigen ihn und stellen ihre Wartung sicher.
„Für unsere Kunden ist eine Biogasanlage eine große Investition. Wir müssen sie also erst überzeugen, dass sie langfristig Geld und Zeit einsparen und die Frauen ihre Gesundheit schützen. Das ist für viele Menschen anfangs sehr abstrakt”, sagt Motiul Islam von Grameen Shakti.
Dass der Berater vor Ort sitzt, ist ein Vorteil – auch für die Wartung. Er holt die monatlichen Kreditraten bei seinen Kunden persönlich ab. „Bei technischen Schwierigkeiten können sie mich direkt ansprechen und wo ich nicht weiter weiß, steht ein Experte für Biogasanlagen bereit”, sagt Motiul Islam.
Diese Hilfe hat Sheuli Begum in Anspruch genommen, als sich Kondenswasser in der Leitung bildete. Nun kann sie das Problem selbst beheben.„Es war uns sehr wichtig, dass die Kunden auf technische Expertise zurückgreifen können”, sagt Matthias Schmidt-Rosen.
Wo diese technische Unterstützung nicht sichergestellt ist, leiden erst der Wirkungsgrad und dann die Akzeptanz der Technologie. Eine Erfahrung, die die KfW zum Beispiel in Nepal machte. Dort startete bereits 1996 ein Biogasprojekt, doch manche Regionen konnten aufgrund des Bürgerkriegs lange nicht besucht werden.
„Als das wieder möglich war, mussten wir feststellen, dass viele Anlagen nicht gewartet worden waren und deshalb nicht mehr effizient funktionierten”, sagt Mira Platzöder, bei der KfW verantwortlich für das Biogasprojekt in Nepal.
Mit Restmitteln wurde inzwischen ein Rehabilitierungsprogramm für Anlagen, die älter als zehn Jahre sind, aufgelegt. Die Instandhaltung jüngerer Anlagen finanziert die nepalesische Regierung über den Clean Development Mechanism.
Die Anlagenbauer waren an Wartungsvereinbarungen zunächst wenig interessiert, jetzt haben sie darin eine Einnahmequelle entdeckt.
Quelle
Dieser Artikel ist erschienen in CHANCEN Frühjahr/Sommer 2015 „Wärme”.
Zur AusgabeInsgesamt hat der Projektträger in Nepal, das Alternative Energy Promotion Centre, rund 300.000 Anlagen bereitgestellt. „Wir haben unser Ziel, die Nutzung von sauberen und klimafreundlichen Biogasherden in Nepal zu fördern, erreicht”, sagt Mira Platzöder.
Auf KfW Stories veröffentlicht am: Dienstag, 21. März 2017
Zu diesen Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen leistet das dargestellte Projekt einen Beitrag
Ziel 3: Gesundes Leben für alle
Gesundheit ist gleichzeitig Ziel, Voraussetzung und Ergebnis von nachhaltiger Entwicklung. Ihre Förderung ist ein Gebot der Menschlichkeit – sowohl in den Industrie- als auch in den Entwicklungsländern. Weltweit leben etwa 39 Prozent der Weltbevölkerung ohne Krankenversicherung, in einkommensarmen Ländern sind es sogar mehr als 90 Prozent. Immer noch sterben viele Menschen an Krankheiten, die bei richtiger Behandlung nicht tödlich verlaufen müssten oder mit Impfungen einfach zu verhindern wären. Mittels Stärkung der Gesundheitssysteme und insbesondere einer breiten Verfügbarkeit von Impfstoffen kann es uns gelingen, diese Krankheiten bis 2030 zurückzudrängen und sogar auszurotten. Quelle: www.17ziele.de
Alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedeten im Jahr 2015 die Agenda 2030. Ihr Herzstück ist ein Katalog mit 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung, den Sustainable Development Goals (SDGs). Unsere Welt soll sich in einen Ort verwandeln, an dem Menschen ökologisch verträglich, sozial gerecht und wirtschaftlich leistungsfähig in Frieden miteinander leben können.
Datenschutzgrundsätze
Wenn Sie auf eines der Icons der hier aufgeführten klicken, werden Ihre persönlichen Daten an das ausgewählte Netzwerk übertragen.
Datenschutzhinweise