Alexander Klein, Teamleiter Gewerbliche Umwelt- und Klimafinanzierung, über Fördermöglichkeiten für den Mittelstand, neu aufgestellte Programme und entsiegelte Parkplätze.
Herr Klein, als Leiter des Teams Gewerbliche Umwelt- und Klimafinanzierung sind Sie neben Großunternehmen auch zuständig für den Mittelstand. Wie wichtig ist der Mittelstand, wenn wir die Klimaschutzziele 2045 erreichen wollen?
Alexander Klein: Der Mittelstand spielt eine zentrale Rolle für die Pariser Klimaziele. Insgesamt entfallen auf die Industrie rund 45 Prozent des deutschen Stromverbrauchs – und ein großer Anteil davon auf die mittelständischen Unternehmen. Zudem ist der Mittelstand Zulieferer für die Herstellung klimaschonender Technologien, zum Beispiel im Verkehrsbereich oder in der Energieversorgung. Er verarbeitet viele Vorprodukte aus den sehr CO2-intensiven Branchen wie Stahl- und Zementherstellung oder der chemischen Grundstoffindustrie. Wenn wir die mittelständischen Betriebe auf unserem Weg nicht mitnehmen, wird es unmöglich sein, die Transformation zur klimaneutralen Wirtschaft zu verwirklichen. Gleichzeitig ist der Mittelstand der Kern der deutschen Wirtschaft, und wir dürfen dessen internationale Wettbewerbsfähigkeit nicht gefährden. Insgesamt rechnen wir in der deutschen Industrie mit notwendigen Klimaschutzinvestitionen von 450 Milliarden Euro bis zum Jahr 2045.
450 Milliarden Euro – das hört sich nach viel Nachholbedarf an.
Diese Summe gilt nicht nur für den Mittelstand, sondern für die gesamte Industrie inklusive Großunternehmen, die in Bereichen wie Eisen- und Stahlerzeugung oder Chemie eine bedeutende Rolle spielen und sehr viel investieren müssen. Aber auch für die mittelständischen Betriebe bedarf es einer großen Kraftanstrengung, selbst wenn sie in der Breite mit ihrer Kapitalausstattung aktuell gut aufgestellt sind. Daher entwickeln wir als KfW gemeinsam mit der Bundesregierung Förderprodukte, die den Unternehmen aufzeigen, mit welchen Maßnahmen sie am sinnvollsten in Richtung Klimaneutralität investieren.
Was bietet die KfW für Mittelständler, die in den Klimaschutz investieren wollen?
Wir haben eine große Bandbreite von Programmen. Das beginnt bei Finanzierungsmöglichkeiten für die Produktion von erneuerbaren Energien oder bei Maßnahmen, um die Energieeffizienz in der industriellen Produktion zu steigern. Wir fördern auch die energetische Sanierung von Gebäuden oder nachhaltige Investitionen der Mittelständler in ihre eigene Mobilitätsinfrastruktur. Zusätzlich finanzieren wir Umweltschutzmaßnahmen in den Betrieben, um den Folgen des Klimawandels vorzubeugen.
Die KfW fördert
Mit dem KfW-Programm 293 "Klimaschutzoffensive für den Mittelstand" werden Vorhaben zum Schutz der Umwelt unterstützt. Sie erhalten einen Kreditbetrag von bis zu 25 Mio. Euro und profitieren von einem direkten Klimazuschuss.
Mehr erfahrenSeit Kurzem bieten Sie die sogenannte Klimaschutzoffensive für den Mittelstand an. Was ist das?
In der Klimaschutzoffensive für den Mittelstand der KfW fördern wir mittelständische Unternehmen, die in neue Anlagen oder die Modernisierung ihrer bestehenden Anlagen investieren. Und dies ist wirklich sehr breit und vielfältig zu verstehen. Diese Anlagen oder Maschinen können beispielsweise aus dem Bereich der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, aber auch der dazugehörigen Verteilnetze oder Energiespeicher stammen, um nur einige Beispiele zu nennen. Besonders hervorheben möchte ich die Möglichkeit einer Förderung von mittelständischen Unternehmen, die Schlüsselgüter für die Energiewende produzieren – also beispielsweise Produzenten von Anlagen für erneuerbare Energien oder von Wasserstoffelektrolyseuren. Oder auch für die Herstellung von Komponenten für energieeffiziente Gebäude, beispielsweise Dämmstoffen. Diese Unternehmen bekommen alleine dafür, dass sie diese Güter produzieren, eine gesonderte finanzielle Förderung. Aber natürlich werden auch diejenigen gefördert, die besonders klimafreundliche Technologien in ihrem Unternehmen einsetzen – indem sie zum Beispiel ihren Strom selbst erzeugen, Produktionsabfälle zur Wiederverwendung aufbereiten oder in Logistik und Transport auf Elektroantriebe umsatteln.
Welche Unternehmen können diese Förderung beantragen – wie haben Sie den Mittelstand definiert?
Das sind zunächst die KMUs, also die kleinen und mittleren Unternehmen, inklusive der Unternehmen mit einer einstelligen Anzahl an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Aber auch die größeren Mittelständler bis zu einem Umsatz von 500 Millionen Euro pro Jahr gehören dazu. Also auch die sogenannten „Hidden Champions“ aus dem Maschinenbau oder der Umweltanlagentechnik.
Die Klimaschutzoffensive wurde mitten in der Corona-Krise gestartet. Gab es da überhaupt eine nennenswerte Nachfrage?
Das stimmt, der Einführungstermin war im Endeffekt ausgesprochen ungünstig. Nach monatelanger Vorbereitung startete unsere Offensive am 16. März 2020, unmittelbar vor dem Lockdown. Die Mittelständler hatten auf einmal andere Probleme, als sich mit ihren Investitionen in die Zukunft auseinanderzusetzen. Trotz der guten Konditionen war der Start eher verhalten, 2020 haben wir nur 80 Millionen Euro zugesagt. Mittlerweile sieht es ganz gut aus, bis zum Jahresende 2021 rechnen wir mit ungefähr 300 Millionen Euro. Wir gehen davon aus, dass sich das noch weiter steigert, wenn die Wirtschaft wieder auf Vor-Corona-Niveau ist. Der sehr günstige Zins, den wir anbieten, und der sogenannte Klimazuschuss, den die KfW noch obendrauf gibt, sind in der Kombination extrem attraktiv. Zudem ist es übrigens auch möglich, mit der Klimaschutzoffensive in die Verkehrsinfrastruktur oder emissionsarme Fahrzeuge zu investieren. Bei Letzterem können Mittelständler zusätzlich noch den Zuschuss des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) in Anspruch nehmen, um so ihren Fuhrpark zu erneuern.
Warum haben Sie die Klimaschutzoffensive von den übrigen Mittelstandsfinanzierungen getrennt?
Mit der Offensive wollen wir die Mittelständler unterstützen, die sich bereits jetzt mit ihren Investitionen auf den pariskompatiblen Pfad hin zu einer Transformation begeben. Die EU-Kommission hat mit ihrer sogenannten „EU-Taxonomie“ Kriterien für diverse Sektoren formuliert und damit eine Benchmark für nachhaltige Investitionen geschaffen. Und die KfW hat als erste Förderbank in Europa anhand dieser Kriterien ein entsprechendes Förderprodukt aufgelegt, das wir mit der Klimaschutzoffensive nun vor uns liegen haben – das ist europaweit einzigartig. Das Programm hat auch das Ziel, den Mittelstand an die sogenannten technischen Screening-Kriterien der EU-Taxonomie heranzuführen. Diese sind häufig sehr einfach zu erfüllen, bergen aber teilweise auch neue methodische Herausforderungen wie das Erstellen einer CO2-Lebenszyklusanalyse.
Die KfW fördert
Mit dem KfW-Programm 240 "Umwelt" werden Investitionen in Umweltschutz und Nachhaltigkeit finanziert.
Mehr erfahrenDarüber hinaus haben Sie das Umweltprogramm, mit dem Sie allgemeine Umweltschutzmaßnahmen vom Mittelständler bis zum Großunternehmen fördern, zum 1. September novelliert. Was ist neu?
Wir haben das Programm um einige interessante Möglichkeiten ergänzt. Jetzt werden zum Beispiel Begrünungen von Firmengebäuden gefördert oder das Aufheben von Versiegelungen auf Firmengeländen, bei Parkplätzen etwa. Neu ist auch, dass nun Maßnahmen zur Dekarbonisierung in der Industrie gefördert werden. Das ist auch in Kombination mit einem Zuschuss vom Bundesumweltministerium möglich, zuständig ist hierfür das Kompetenzzentrum Klimaschutz in energieintensiven Industrien (KEI).
Die KfW fördert
Mit dem KfW-Programm 270 "Erneuerbare Energien - Standard" werden Investitionen für Anlagen zur Erzeugung von Strom und Wärme, für Netze und Speicher; für Photovoltaik, Wasser, Wind, Biogas und vieles mehr finanziert.
Mehr erfahrenWelche anderen Förderprogramme sind bei den Mittelständlern besonders beliebt?
Eines der am stärksten nachgefragten KfW-Programme heißt „Erneuerbare Energien Standard“. Dort vergeben wir zinsgünstige Kredite beispielsweise für Photovoltaikanlagen oder Windkraftanlagen, übrigens auch mit Investitionsort außerhalb Deutschlands. Bei der ab 1. November neu aufgestellten Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft geht es darum, Produktionsprozesse zu optimieren, beispielsweise durch energie- oder ressourceneffizientere Maschinen – oder sogar eine komplette Produktionsstraße, die dann weniger Energie oder Ressourcen verbraucht. Der Mittelstand steht hierbei besonders im Fokus: Für jede eingesparte Tonne CO2 pro Jahr gibt es für kleine und mittlere Unternehmen einen sehr hohen Tilgungszuschuss von bis zu 900 Euro, finanziert aus Mitteln des Bundeswirtschaftsministeriums. Während es bisher in dem Programm nur um Energieeffizienz ging, wird jetzt ab November die Förderung auf Ressourceneffizienzmaßnahmen ausgeweitet – da sind wir gespannt, wie das am Markt Widerhall findet. Die Bundesförderung für energieeffiziente Gebäude, ebenfalls neu, richtet sich an Unternehmen, die Verwaltungsgebäude, Produktions- und Lagerhallen energetisch sanieren oder neu bauen wollen.
Hat die Flutkatastrophe als Folge des Klimawandels auch zu neuen Förderungen geführt?
Nein. Und zwar deshalb nicht, weil wir schon vor der Katastrophe unsere Förderprogramme in Richtung Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel erweitert hatten. Die Flutkatastrophe hat uns dann leider bestärkt, dass wir schon vorher in die richtige Richtung gedacht haben. Das Thema Anpassung an den Klimawandel und daraus resultierende Investitionsbedarfe für Unternehmen werden wir aber weiterhin genau beobachten.
Wie viel Prozent Ihrer Förderungen gehen an den Mittelstand?
Von unseren Finanzierungen an Unternehmen gehen insgesamt rund zwei Drittel an mittelständische Unternehmen. Insgesamt liegt für die Finanzierungen in Deutschland unsere Mittelstandsquote bei knapp unter 50 Prozent, da wir ja einen Großteil unserer Finanzierungen an private Haushalte vergeben.
Was planen Sie als Nächstes?
Wir hatten vorhin von der Klimaschutzoffensive gesprochen, die sich an die EU-Taxonomie anlehnt. Diese Offensive würden wir gerne in Richtung Großunternehmen erweitern, weil das aus unserer Sicht ein Baustein ist, der noch fehlt. Wir haben sehr viele Impulse und Vorschläge aus der Politik und den Parteien auf dem Tisch – das Thema nimmt in der aktuellen gesellschaftlichen Diskussion richtig Fahrt auf.
Um den Schwung zu nutzen: Was erwarten Sie von der neuen Regierung?
Wir erhoffen uns, dass wir zusammen mit der Politik weiter an der konkreten Umsetzung zur Erreichung der Ziele des Pariser Klimaabkommens arbeiten können. Die KfW steht dafür bereit. Es ist sehr viel möglich, aber wir als Gesellschaft brauchen auch das nötige Kapital für die Transformation. Es wird nicht reichen, dafür ausschließlich öffentliche Mittel zu verwenden, sondern hinreichend viel privates Kapital ist dafür erforderlich. Dazu müssen die notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen werden.
Veröffentlicht auf KfW Stories am: 26. November 2021
Zu diesen Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen leistet das dargestellte Projekt einen Beitrag
Ziel 12: Nachhaltige Konsum- und Produktionsweisen
Die Menschheit lebt seit Langem über ihre ökologischen Verhältnisse. Dies gilt in besonderem Maße für die Industrieländer und die wachsenden Ober- und Mittelschichten in vielen Schwellenländern. Der Wandel zu einer Wirtschafts- und Lebensweise, die die natürlichen Grenzen unseres Planeten respektiert, kann nur gelingen, wenn wir unsere Konsumgewohnheiten und Produktionstechniken umstellen. Dazu sind international gültige Regeln für Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutz wichtig. Quelle: www.17ziele.de
Alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedeten im Jahr 2015 die Agenda 2030. Ihr Herzstück ist ein Katalog mit 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung, den Sustainable Development Goals (SDGs). Unsere Welt soll sich in einen Ort verwandeln, an dem Menschen ökologisch verträglich, sozial gerecht und wirtschaftlich leistungsfähig in Frieden miteinander leben können.
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