Fred Schaumburg hat in energieeffiziente Anlagen investiert. Der Bäcker nutzt die Abwärme seiner Öfen jetzt auch zum Heizen. Ein Gewinn für die Umwelt – und für den 108 Jahre alten Familienbetrieb.
Mitternacht im nordhessischen Balhorn: In der Backstube der Bäckerei Meyer gehen die Neonröhren an. Seit Jahrzehnten waren die Abläufe hier dieselben: Mehl abwiegen, Sauerteig ansetzen, Teiglinge portionieren, Öfen anfeuern. Und schwitzen. Denn wenn es in der Traditionsbackstube eines im Überfluss gab, dann war es die Hitze, die von den Öfen abstrahlte.
Dass Fred Schaumburg nachts arbeiten muss, stört den Bäckermeister nicht. Ganz im Gegenteil. Er liebt die Ruhe, genießt es, einfach seiner Arbeit nachzugehen, ohne vom Telefon oder von Terminen unterbrochen zu werden. Aber die Hitze in der Backstube hatte ihn schon immer gestört.
Und nicht nur das. Die Etagenöfen waren 30 Jahre alt, sein Vater hatte sie noch angeschafft. Damals kauften die Leute mehr Brot. Mittlerweile gehen Brötchen besser. Die aber kommen auf Blechen im Rollwagen zum Backen in sogenannte Stikkenöfen. So sind die alten Etagenöfen meist nur zu 60 Prozent ausgelastet. Sie heizen aber die Backstube kräftig auf.
Fred Schaumburg ist ein traditionsbewusster Mann. Den schlesischen Mohnkuchen, der vorn im Café und in den anderen sechs Verkaufsstellen angeboten wird, backt er nach dem unveränderten Rezept seines Urgroßvaters August, des Gründers der Bäckerei Meyer. Aber dem 45-Jährigen ist auch klar: „Wenn man wettbewerbsfähig bleiben will, dann muss man mit der Zeit gehen.“
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Lange Tradition
Die Bäckerei Meyer ist seit vielen Jahrzehnten ansässig im hessischen Balhorn. Die Straße neben der Bäckerei ist nach Karl Meyer, dem Großvater von Fred Schaumburg, benannt.
Täglich verlassen 4.000 bis 4.500 Brötchen die Backstube, außerdem 300 bis 400 Brote. Wann sich eine Investition in neue Backöfen rentiert, wollte Schaumburg von Fachleuten wissen. Er hörte von dem Beratungsservice der Bäko, einem Fachgroßhandel für Bäckereien und Konditoreien, rief an und schilderte seinen Fall.
Kurze Zeit später schickte die Bäko einen Backstubenplaner zu ihm. Der Experte kennt Kniffe und Tricks, wie Bäcker ihren Arbeitsplatz energetisch optimal umbauen und ausrüsten können. Sein Fazit: Nicht nur die mangelnde Isolierung der Backöfen, auch ihr Standort war ungünstig für das Klima in der Backstube.
Schaumburg entschied sich für einen Teilumbau der Backstube. Und für moderne Öfen, die durch Abwärmevermeidung bis zu 20 Prozent Energie einsparen. Die noch verbleibende Abwärme leiten Rauchgaswärmetauscher von den Öfen in Schichtpufferspeicher, in die auch die neue Solaranlage Energie einspeist. Die Pufferspeicher geben die Wärme bei Bedarf an das Heizungssystem ab.
Aus der Idee, neue Backöfen zu kaufen, war eine grundlegende Modernisierung geworden. Zu einem sechsstelligen Betrag allein für die Technik kamen die Kosten für die passende Umgestaltung der Backstube. Fred Schaumburg besprach die neuen Pläne mit seiner Frau Alexandra, bei der im Büro alle Fäden zusammenlaufen. 42 Mitarbeiter und die eigene Familie hingen schließlich davon ab, dass der Umbau ein Erfolg wurde. Aber anstatt ihn zu bremsen, machte seine Frau ihm Mut.
Die Finanzierung gestaltete sich unkomplizierter als erwartet. Von der Raiffeisenbank, seiner Hausbank, erfuhr Schaumburg von dem KfW-Energieeffizienzprogramm Abwärme – gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Kliamschutz (BMWK). Ein Energieberater erstellte das erforderliche Abwärmekonzept und half ihm dabei, die notwendigen Unterlagen zusammenzustellen. Für den Einbau von Pufferspeicher und Wärmetauschern erhielt der Bäcker 45.000 Euro. Wegen der guten Energiebilanz der Investitionen bekam er den Kredit mit 40 Prozent Tilgungszuschuss aus Mitteln des BMWiK. So muss er von der Kreditsumme lediglich 27.000 Euro zurückzahlen.
Wenige Monate nach dem Umbau fällt Schaumburg auf: „Früher musste ich alle vier Wochen 5.000 Liter Heizöl bestellen, jetzt hält das Öl doppelt so lang. Nachts kommt die Wärme von den Öfen, etwa bis 9 Uhr. Danach übernimmt die Solaranlage.“ Auch das Backergebnis ist nun gleichmäßiger.
108 Jahre existiert die Bäckerei Meyer schon. Ob der Betrieb in Familienhand bleiben wird, ist noch völlig unklar. „Meine Tochter ist 13, mein Sohn 11. Bis jetzt haben sie noch kein Interesse gezeigt“, sagt Schaumburg. Aber das stört ihn nicht. Ihm genügt zu wissen, dass er die Weichen für seinen Betrieb in Richtung Zukunft gestellt hat. Wenn Schaumburg jetzt nachts in die Backstube tritt, empfängt ihn nur der Duft nach Backwaren. Aber keine drückende Hitze mehr.
Auf KfW Stories veröffentlicht am 14. Mai 2018, aktualiseurt am 9. Dezember 2021.
Zu diesen Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen leistet das dargestellte Projekt einen Beitrag
Ziel 12: Nachhaltige Konsum- und Produktionsweisen
Die Menschheit lebt seit Langem über ihre ökologischen Verhältnisse. Dies gilt in besonderem Maße für die Industrieländer und die wachsenden Ober- und Mittelschichten in vielen Schwellenländern. Der Wandel zu einer Wirtschafts- und Lebensweise, die die natürlichen Grenzen unseres Planeten respektiert, kann nur gelingen, wenn wir unsere Konsumgewohnheiten und Produktionstechniken umstellen. Dazu sind international gültige Regeln für Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutz wichtig. Quelle: www.17ziele.de
Alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedeten im Jahr 2015 die Agenda 2030. Ihr Herzstück ist ein Katalog mit 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung, den Sustainable Development Goals (SDGs). Unsere Welt soll sich in einen Ort verwandeln, an dem Menschen ökologisch verträglich, sozial gerecht und wirtschaftlich leistungsfähig in Frieden miteinander leben können.
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