Im Bundesstaat Karnataka befindet sich die indische IT-Metropole Bangalore. Einen Teil des Stroms, der dort zuhauf benötigt wird, liefert jetzt ein Bauerndorf mit seinem Solarkraftwerk. Um den Ökostrom von dort zu den Industrie- und Bevölkerungszentren zu bringen, bedarf es langer Leitungen: den grünen Korridoren.
Bevinahalli liegt rund 150 Kilometer nördlich von Bangalore. In Bevinahalli leben 5.000 Menschen, und viele von ihnen halten Schafe. In Bangalore, der Hauptstadt des Bundesstaates Karnataka und drittgrößten Stadt Indiens, wohnen 8,5 Millionen Menschen, und viele von ihnen programmieren. Das Silicon Valley Indiens boomt. Es braucht Strom, viel Strom. Ein bisschen davon bekommt es aus dem Bauerndorf Bevinahalli.
Abseits des Ortes glitzern 3.000 Photovoltaikpaneele in der Sonne. Umgeben von einer mannshohen Betonmauer produziert das in mehrere Parzellen aufgeteilte Solarkraftwerk insgesamt 33 Megawatt Strom. Eine Zehn-Megawatt-Anlage auf dem Areal hat die KfW mit einem Kredit finanziert, der über die Nationale Agentur für die Entwicklung erneuerbarer Energien (IREDA) an den Betreiber der Anlage geht, die Asian Fab Tec. Die Leistung entspricht dem Strombedarf von 2.000 Haushalten. Die KfW hat der IREDA mehrfach Kredite für nachhaltige Energieerzeugung zur Verfügung gestellt, zuletzt wieder 100 Millionen Euro. Damit lassen sich Kapazitäten von 124 Megawatt für die Stromerzeugung aus Wind und Sonne installieren und 286.000 Tonnen CO₂ pro Jahr sparen.
Die Solaranlage von Bevinahalli steht auf steinigem Boden. Besonders fruchtbar ist er nicht, was ihn erschwinglich macht. „Den Grund und Boden für eine Anlage zu finden ist eines der Hauptprobleme“, sagt Sudhir Moola, Geschäftsführer der Firma Premier Solar, die die Paneele gebaut hat. Umgerechnet rund 2,20 Euro kostete der Quadratmeter in Bevinahalli, für gutes Ackerland müsste man das Fünffache zahlen.
Mit seinen 1,3 Milliarden Menschen ist Indien der drittgrößte Stromkonsument der Welt (nach den USA und China), aber auch bereits der drittgrößte Treibhausgasemittent. Und die Prognosen machen schwindlig: Bis 2027 soll sich der Stromverbrauch des Landes verdoppeln, bis 2047 gar versechsfachen. Der Einsatz erneuerbarer Energien ist allein aus Gründen des Klimaschutzes unabdingbar. Derzeit liegt der Anteil der erneuerbaren Energien an den installierten Stromerzeugungskapazitäten bei 20 Prozent. Er soll bis 2030 ungefähr verdoppelt werden. Noch kommt der Strom in Indien aber ganz überwiegend aus Kohle- und Gaskraftwerken.
Ans Stromnetz waren die Bewohner von Bevinahalli schon vor dem Bau der Photovoltaikanlage angeschlossen, doch das Sonnenkraftwerk hat Dorfbewohnern Jobs eingetragen. Die Anlage braucht beispielsweise Reinigungskräfte. Einmal pro Monat müssen die Paneele abgewaschen werden. Das Wasser – ein Liter pro Paneel und Monat – kommt aus einem Brunnen auf der Anlage.
Das Dorf profitiert noch anderweitig von der Photovoltaikanlage. Die Betreiberfirma Asian Fab Tec hat Viehfutter geliefert, eine Schule gebaut, die Wasserversorgung gesichert. Das Engagement in Bevinahalli steht damit nach den Worten von Carolin Gassner, Abteilungsleiterin Südasien bei der KfW, beispielhaft für die Zwecke der Darlehensfinanzierung der KfW im Energiesektor: „Reduzierung der Kohlendioxidemission, Bekämpfung der Armut und Förderung der erneuerbaren Energien.“ Es sei eine „Zusammenarbeit auf Augenhöhe zur Lösung von Problemen, die nicht nur eine lokale, sondern eine globale Dimension haben“, sagt Gassner.
Auf dem Land ist Armut noch immer weit verbreitet, die Menschen drängen in die Städte. Derzeit wächst die Stadtbevölkerung mit einer Rate von 2,4 Prozent pro Jahr. Man rechnet damit, dass 2030 etwa 600 Millionen Inder und Inderinnen in Städten leben werden. Die Windräder und Solarparks aber stehen auf dem Land, wie in Bevinahalli, wie überhaupt im südindischen Bundesstaat Karnataka, der mit 12 Gigawatt installierter Leistung aus erneuerbaren Energien Spitzenreiter aller Bundesstaaten beim Ökostrom ist.
Standortfaktor
„Den Grund und Boden für eine Anlage zu finden ist eines der Hauptprobleme“, sagt Sudhir Moola, Geschäftsführer der Firma Premier Solar, die die Paneele gebaut hat. Umgerechnet rund 2,20 Euro kostete der Quadratmeter in Bevinahalli, für gutes Ackerland müsste man das Fünffache zahlen.
Um den grünen Strom in die Industrie- und Bevölkerungszentren zu transportieren, bedarf es langer Leitungen. Die indische Regierung baut zu diesem Zweck „grüne Korridore“. In Zahlen ausgedrückt lautet das Vorhaben: knapp 8.000 Kilometer Stromtrassen, 77 Umspannstationen. Da Strom aus Wind und Sonne aber nicht 24 Stunden lang konstant erzeugt werden kann wie in herkömmlichen Kraftwerken, sind die mit erneuerbarer Energie gespeisten Überlandleitungen weniger ausgelastet, was sie weniger rentabel macht, was günstige Kredite erfordert. Und da kommt die KfW ins Spiel.
Sie hat dem nationalen Netzbetreiber Power Grid Corporation of India 500 Millionen Euro geliehen. Es ist eines der größten Kreditgeschäfte der KfW-Geschichte. Ein Darlehen in gleicher Höhe teilen sich die Netzbetreiber von sieben Bundesstaaten. In den kommenden Jahren sollen weitere 400 Millionen Euro aus KfW-Mitteln in Projekte der „grünen Korridore“ fließen. Macht insgesamt eine Investition von 1,4 Milliarden Euro.
Um den Stromfluss effizient zu machen, müssen Umspannstationen Energie aus der Niederspannungsebene aus Windkraft- und Solaranlagen in Energie der Hochspannungsebene verwandeln, die dann den Weg in die Bevölkerungs- und Fabrikzentren findet. In der Nähe der Stadt Hindupur liegt eine nagelneue Umspannstation, gebaut von einem Unternehmen der Tata-Gruppe, betrieben vom bundesstaatlichen Netzbetreiber Aptransco. In die Station läuft der Strom „von 4.000 Windrädern aus einem Umkreis von 120 Kilometern“, berichtet der Tata-Manager Dileswar Sahoo. Die Umspannstation liegt im Bundesstaat Andhra Pradesh unweit der Grenze zu Karnataka. In innerindischen Grenzregionen sind die Stromnetze traditionell schlechter ausgebaut und instabiler, weshalb dem Projekt „grüne Korridore“ hier noch mal besondere Bedeutung zukommt.
An der Finanzierung der Umspannstation Hindupur sind die KfW und der Staat mit je 40 Prozent beteiligt, die restlichen 20 Prozent steuert der Netzbetreiber bei. Tata-Manager Sahoo beziffert den einlaufenden Strom auf 1,2 Gigawatt, was in etwa der Leistung eines deutschen Atomkraftwerks entspricht.
Nur eine Autostunde von der Umspannstation Hindupur entfernt baut der koreanische Autohersteller Kia ein Werk. Ab Frühjahr 2019 werden hier bis zu 300.000 Fahrzeuge jährlich vom Band laufen. Dank dieser Investition kommen mitten auf dem Land insgesamt 11.000 Menschen in Lohn und Brot. Ein stabiles, leistungsstarkes Stromnetz ist gerade in einem Schwellenland wie Indien ein wesentlicher Standortfaktor bei Industrieansiedlungen. Kommt der Strom aus erneuerbaren Energien, wird bei der Wirtschaftsförderung auch dem Klimaschutz Rechnung getragen.
Auf KfW Stories veröffentlicht am 28. November 2018, aktualisiert am 20 Juli 2022.
Zu diesen Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen leistet das dargestellte Projekt einen Beitrag
Ziel 7: Nachhaltige und moderne Energie für alle
Knapp 80 Prozent der weltweit erzeugten Energie stammt immer noch aus fossilen Energieträgern. Aus der Verbrennung fossiler Energieträger entstehen unter anderem Kosten für das Gesundheitssystem aufgrund der Luftbelastung und Kosten wegen Klimaschäden, die der Allgemeinheit und nicht nur den Verursachern schaden. Quelle: www.17ziele.de
Alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedeten im Jahr 2015 die Agenda 2030. Ihr Herzstück ist ein Katalog mit 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung, den Sustainable Development Goals (SDGs). Unsere Welt soll sich in einen Ort verwandeln, an dem Menschen ökologisch verträglich, sozial gerecht und wirtschaftlich leistungsfähig in Frieden miteinander leben können.
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