Die Erderwärmung lässt das Wetter Kapriolen schlagen. Welche Auswirkungen das auf unser Leben hat, erklärt ZDF-Meteorologin Dr. Katja Horneffer.
Die fünf weltweit wärmsten Jahre seit Beginn regelmäßiger Aufzeichnungen sind … die letzten fünf Jahre! Zwar wird die Weltorganisation für Meteorologie die Zahlen für 2019 erst im Frühjahr 2020 veröffentlichen. Doch mit großer Wahrscheinlichkeit steht folgende (absteigende) Reihenfolge fest: 2016, 2019, 2015, 2017, 2018.
Die globale Erwärmung lässt das Wetter unberechenbarer werden. Je wärmer unsere Atmosphäre ist, desto mehr Wasser kann sie aufnehmen. Je feuchter die Luft ist, desto höher wird ihr Energieinhalt. Das heizt den Stürmen ein, es facht sie an: Aus Stürmen werden Orkane. Wetterkapriolen nehmen zu. Wenn es regnet, dann oft unwetterartig. So trafen im Herbst 2019 ungewöhnlich viele außerordentlich heftige Stürme die Mittelmeerregion. Sehr früh fiel sehr viel Schnee auf der Alpensüdseite. Ist das noch normal?
Die Wettermuster kommen aus dem Tritt
Es ist zumindest ungewöhnlich. Die Extreme werden verursacht von Wetterlagen, die vor 70 Jahren nicht in dieser Häufung auftraten. Dahinter stecken die Starkwindbänder, die die Erdkugel umkreisen und immer mal wieder zum Teil sehr deutlich vom angestammten Kurs abkommen und dann wochenlang andauernde Großwetterlagen bedingen. Zu viel vom immer Gleichen, das ist beim Wetter fatal. Anhaltende Trockenheit, die sich zur Dürre auswächst, beeinträchtigt die Landwirtschaft, die Ernte, die Trinkwasserversorgung und steigert die Wald- und Buschbrandgefahr. Starkregen dagegen führt zu Überflutungen und Schlammlawinen. Massive Neuschneemengen begünstigen Lawinen – wie in den Alpen im Herbst 2019. Immer häufiger auftretende Unwetter mit heftigem Hagelschlag und starken Stürmen gefährden die Ernte, aber auch Glasfassaden und Solaranlagen.
Dass das Starkwindband über den gemäßigten Breiten der Nordhalbkugel immer häufiger sehr große Wellen schlägt, hängt wohl mit der Erwärmung der Arktis zusammen. Sie bewirkt, dass – um es mal plakativ auszudrücken – die „Leitplanken“, die das Starkwindband normalerweise in einen gewissen Korridor zwingen, verloren gehen. Die Ergebnisse auf der Nordhalbkugel sind vielfältig: Sie reichen von Dürre in Mitteleuropa bis zu Unwettern über dem Mittelmeer und extrem winterlichen und schneereichen Episoden in Nordamerika.
Klimatrends sind erkennbar
Neben diesen lang andauernden Großwetterlagen sind jedoch bereits viele regionale Klimatrends erkennbar. Die Sommer in Deutschland werden häufiger Dürresommer wie 2018 werden. Hitzerekorde werden weiter purzeln, wie Ende Juli 2019, als wir mit dem Festhalten, an welchen Stationen die 41- oder die 42-Grad-Marke geknackt wurde, kaum nachkamen.
Die Winter in Deutschland werden im Zuge des Klimawandels feuchter und insgesamt milder. Und da die Schneefallgrenze steigt, wird immer seltener Wintersport in den Mittelgebirgen möglich sein. Wer Schnee sucht, muss immer höher hinaus. Die Vegetationsperiode verlängert sich. Besonders der Anfang schiebt sich immer weiter nach vorn. Das kann wie im Jahr 2017 fatale Folgen haben, wenn einem rekordwarmen März im April Fröste folgen, die dem Weinbau und der Landwirtschaft arg zu schaffen machten.
Trotz dieser Trends: Eine konkrete Prognose für exakt den nächsten Winter oder Sommer bleibt unmöglich: Die Atmosphäre lässt sich nicht so einfach in die Karten schauen; und weder sind alle Prozesse in der Atmosphäre noch alle Prozesse im Ozean schon genau durchschaut und modellierbar. Unsere Prognosemodelle bleiben Stückwerk, auch weil alle Eingriffe des Menschen mit einfließen müssen.
Mithilfe von Dachbegrünung in Megastädten zum Beispiel werden versiegelte Flächen wieder dem natürlichen Wasserkreislauf zugänglich gemacht. Die Dächer absorbieren Strahlung, die heller Beton zurückgeworfen hätte. Auch die riesigen Brände am Amazonas, in Australien und Nordamerika, die Trockenlegung von Feuchtgebieten oder der Bau von Staudämmen haben allesamt Einfluss auf die globale Strahlungsbilanz, also auf das, was von der Erde ins All zurückgeworfen wird, nachdem die Sonne es uns kostenlos geliefert hat.
Last-Minute-Angebote kontra Frühbucherrabatt
Einen Vorteil haben die zunehmend stationären Wetterlagen jedoch: Wenn wir Meteorologen mal wieder eine Omega-Wetterlage – bei der also das Starkwindband große Wellen schlägt – diagnostizieren, dann ist die heutzutage sowieso schon recht zuverlässige Wetterprognose für die nächsten 8 bis 14 Tage besonders sicher, und Sie können planen – allerdings eher kurz entschlossen.
Wer lieber langfristig plant, dem hilft nicht der Blick auf die Wetterkarte, sondern der auf die Klimatabelle. Aktivurlauber fühlen sich in den Bergen auch dann wohl, wenn es mal regnet. Wer Hitze hasst, peilt besser Nordeuropa an. Gebirgige Inseln bieten den Vorteil eines vom Wasser gemäßigten Temperaturtagesganges und möglicherweise eine Luv- und eine Leeseite. Kommen Regenwolken von Westen, ist es auf der Ostseite, im Lee der Berge, eventuell wunderschön warm und sonnig, derweil sich die Regenwolken im Westen, im Luv der Berge, abregnen können.
Aber viele Deutsche machen sowieso am liebsten Urlaub in heimischen Gefilden. Deutschland belegt Platz eins der Reiseziele, und das ist aus ökologischer Sicht begrüßenswert: Wer den Klimawandel mit seinem eigenen Verhalten nicht noch beschleunigen will, hat gerade beim Reisen klimafreundliche Alternativen. Warum nicht mal von zu Hause mit dem Fahrrad starten? Oder im nahen Mittelgebirge wandern? Wer mit dem Zug unterwegs ist, spart sich den Ärger im Stau, die Suche nach einem Parkplatz und landet in Großstädten meist mittendrin. Und wer im Winter auf naturnahe Erholung setzt, winter- oder schneeschuhwandert, erlebt Abenteuer, die jenen, die dort sind, wo „alle“ sind, verwehrt bleiben.
Wie auch immer Sie Ihre freie Zeit verbringen: Das Wetter liefert höchst unterschiedliche Reize, die unseren Körper fordern und seine Gesundheit zumeist fördern! Nutzen Sie sie für sich! Möglichst gleich heute – direkt vor der Tür!
Aktualisiert und veröffentlicht auf KfW Stories am: Donnerstag, 12. Dezember 2019.
Datenschutzgrundsätze
Wenn Sie auf eines der Icons der hier aufgeführten klicken, werden Ihre persönlichen Daten an das ausgewählte Netzwerk übertragen.
Datenschutzhinweise