Olivenbauer Khaled Mkheimer
Wiederverwertung

Wiederverwertung

Bauern setzen auf gereinigtes Abwasser

Im Westjordanland gedeihen nur wenige Nutzpflanzen, die sich an die extreme Trockenheit im Sommer angepasst haben. Doch für die Bauern westlich der Stadt Nablus hat sich jetzt eine neue Wasserquelle aufgetan, die sie unabhängiger werden lässt vom Regen.

Video: Wie die Kläranlage Nablus-West der Landwirtschaft hilft (KfW Bankengruppe/Christian Chua, Thomas Schuch, Stephan Sperl).

Da lacht er, der palästinensische Landwirt. „Woher das Wasser bisher kommt?“, wiederholt er die Frage. „Gar kein Wasser haben wir bisher!“, antwortet er. Und er lacht nicht, weil er das lustig findet. Das Feld von Khaled Mkheimer (oben im Bild) liegt im Palästinensischen Autonomiegebiet nahe der Stadt Nablus. Ihm bleibt nichts anderes übrig, als jedes Jahr auf den Regen zu warten, der meist ab November einsetzt. Deshalb muss er Pflanzen kultivieren, die nur wenig Wasser benötigen.

Die heimische Olivenart ist eine dieser Pflanzen. Sie ist äußerst genügsam und kommt gut zurecht mit der heißen Sonne und den im Sommer trockenen Böden des Westjordanlands. „Die Erträge sind okay, aber könnten natürlich besser sein“, sagt Sana, Khaleds Frau, die gemeinsam mit ihrem Mann das Feld bewirtschaftet, und fügt hinzu: „Wie wundervoll wäre es, wenn wir uns nicht nur auf den spärlichen Regen verlassen müssten.“

Dass dieser Wunsch in Erfüllung gehen könnte, hat sie von Mohamad Atari, einem befreundeten Bauern, gehört. Mohamad pflanzt ebenfalls Olivenbäume an, dazu noch Mandeln und ein paar Zitrussträucher. Sana erzählt, wie begeistert Mohamad von der Möglichkeit berichtet habe, einen Mehrertrag von 40 Euro zu erzielen – pro Baum, pro Jahr. Die effektivere Nutzung ihres Landes sei möglich dank der Bewässerung mit aufbereitetem Wasser aus einer nahegelegenen Kläranlage.

Wie das genau funktioniert, ließen sich Khaled und Sana Mkheimer von Yazan Odeh erklären. Yazan ist der Chefingenieur in der Kläranlage von West-Nablus. Er und sein Team informierten die Landwirte aus der Nachbarschaft in Gesprächen, Meetings und regelmäßigen Workshops über ihr Wasserkonzept. Die Überzeugungsarbeit war auch nötig. Denn natürlich fanden die dürregeplagten Bauern Wasser schön und gut und nützlich, aber musste das aus der Kläranlage kommen?

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Als Trinkwasser

Abwasser kann mit geeigneten technischen Verfahren auch für die Trinkwassernutzung aufbereitet werden. Die KfW hat eine der wenigen weltweit bestehenden Anlagen in Windhoek/Namibia gefördert: die Water Reclamation Plant Goreangab.

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Erste Experimente mit aufbereitetem Abwasser

„In Palästina“, sagt Yazan, „ist die Nutzung von aufbereitetem Abwasser in der Landwirtschaft eine neue Idee.“ Damit sie überzeugt und die Landwirte sehen können, dass sie funktioniert, haben die Ingenieure Felder auf dem Klärwerksgelände angelegt. Hier starteten sie ihre eigenen Versuchsreihen. Herausstellen sollte sich, was mit dem aufbereiteten Wasser besonders gut anwächst und gedeiht. Sie pflanzten Oliven- und Avocadobäume sowie Gräser – das klappte gut. Andere Arten überstanden die Probezeit nicht. Schon alleine, weil niemand in dieser trockenen Region auf Erfahrung mit permanent verfügbarem Wasser zurückgreifen konnte, waren die Experimente sinnvoll.

Nach den ersten Erfolgen folgte der nächste Schritt: die Bauern in der unmittelbaren Umgebung ansprechen, um ihnen aufbereitetes Wasser zur Verfügung zu stellen – in der Testphase sogar kostenfrei. Einer von ihnen war Mohamad Atari, zu dessen Feld nur eine relativ kurze Leitung gelegt werden musste, um das Wasser aus der Kläranlage zu seinen Bäumen fließen zu lassen.

Yazan Odeh
„In Palästina ist die Nutzung von aufbereitetem Abwasser in der Landwirtschaft eine neue Idee.“

Yazan Odeh, Chefingenieur in der Kläranlage von Nablus-West

Mohamad ist schon lange als Olivenbauer tätig – „seit der Geburt“, wie er sagt. Wenn er über das Wasser aus der Kläranlage spricht, gerät er geradezu ins Schwärmen. „Dieses Wasser erlaubt es mir, Pflanzen anzubauen, die sehr gute Erträge bringen in Bezug auf Qualität, Quantität und Profitabilität“, betont er und nennt einige Beispiele dafür: „Wofür ein Baum sonst fünf bis sechs Jahre benötigt, gelingt mit dem aufbereiteten Abwasser in nur zwei bis drei Jahren.“ Er zeigt auf einen vierjährigen Olivenbaum: „Ein solcher Baum brachte vor der regelmäßigen Bewässerung in der Regel zwei Liter Öl, und nur, wenn er Früchte trug, was leider nicht jedes Jahr der Fall war. Jetzt wirft er jährlich sechs Liter ab.“

Anhand eines Mandelbaums verdeutlicht er seinen finanziellen Vorteil: „Durch die Bewässerung erziele ich mit diesem Baum 50 Euro. Nur mit Regen käme ich auf lediglich zehn Euro.“ Das liege am nährstoffreichen Wasser. Mohamad ist überzeugt, dass seine Pflanzen dadurch auch weniger anfällig für Schädlinge geworden sind. Deshalb setzt er nur noch zwei Mal im Jahr Pestizide auf den bewässerten Feldern ein. Schneller wachsende Bäume mit höherem Ertrag in kürzeren Zyklen: Was jeden Unternehmensberater beglücken würde, erfreut auch Mohamad Atari.

In der Landwirtschaft

In vielen Ländern der Welt mangelt es der Landwirtschaft an Wasser. Einen Ausweg bietet die Bereitstellung von für die Wiederverwendung aufbereitetem Abwasser. Die KfW fördert daher weltweit bereits mehrere Projekte, neben Nablus zum Beispiel auch in Jordanien, wo Landwirte ihre Felder mit dem aufbereiteten Wasser aus drei Kläranlagen (Central Irbid, Wadi Arab, Shallalah) bewässern können.

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Lehrgänge für Bauern aus Nablus

Gemeinsam mit der Familie Mkheimer und anderen Bauern der benachbarten Felder hat er sich die Experimentierfelder auf dem Gelände der Kläranlage angeschaut. In wöchentlichen Lehrgängen, die das Landwirtschaftsministerium dort anbot, lernten sie die Vor- und Nachteile verschiedener Pflanzen kennen. Von Experten wurden sie auf den neuesten Stand der Kultivierungstechnik gebracht und konnten das Neuerlernte gleich ausprobieren. Dementsprechend groß ist inzwischen die Ungeduld der Bauern, dass der nächste Projektschritt beginnt, der dann das Wasser zu ihren Parzellen bringt.

Die Planungen und Vorbereitungen dafür sind weitgehend abgeschlossen, sodass es noch in diesem Jahr losgehen kann. Wie bereits die gesamte Anlage wird auch das Bewässerungsprojekt mit zehn Millionen Euro vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) über die KfW finanziert. Jonas Blume, Büroleiter der KfW in den palästinensischen Gebieten, nennt das Vorhaben ein „Vorzeigeprojekt“, denn: „Es geht um die Stärkung der Landwirtschaft, also um ein wirtschaftliches Entwicklungsprojekt, wo Menschen Jobs bekommen und Einkommen geschaffen wird. Weiterhin geht es darum, die Umwelt zu schützen. Das geschieht durch die Kläranlage, da Abwasser nicht mehr in die Landschaft fließt, sondern aufbereitet und sinnvoll genutzt wird.“ Schließlich sei es auch ein „friedensförderndes Projekt“, betont Blume. Wegen der Wasserknappheit im Nahen Osten ist die Verteilung des Wassers einer der großen Streitpunkte zwischen Israelis und Palästinensern. Hier würden Grundwasserressourcen geschützt, die von allen gemeinsam genutzt werden – ein Konflikt weniger.

Khaled und Sana Mkheimer gelten schon jetzt als die erfolgreichsten Bauern in der Umgebung. Trotzdem freuen sie sich sehr auf die Wasserleitung: „Wenn das Wasser kommt, dann gibt es gar keine Probleme mehr“, sagt Khaled Mkheimer und zwinkert. Er weiß, dass er damit etwas übertreibt. Aber eine solche Zuversicht in einer ansonsten krisengeschüttelten Region zeigt, wie weitreichend die Wirkung des Bewässerungsprojekts ist.

Auf KfW Stories veröffentlicht am 16. März 2020.

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Alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedeten im Jahr 2015 die Agenda 2030. Ihr Herzstück ist ein Katalog mit 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung, den Sustainable Development Goals (SDGs). Unsere Welt soll sich in einen Ort verwandeln, an dem Menschen ökologisch verträglich, sozial gerecht und wirtschaftlich leistungsfähig in Frieden miteinander leben können.