Nashorn in Südafrika
Naturschutz

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Nashörner in Gefahr

In den vergangenen Jahren ist Nashornwilderei zu einem der größten Probleme Südafrikas geworden. Können die imposanten Rhinos überhaupt noch gerettet werden? Katharina Trump, Expertin für Wildereibekämpfung beim WWF Deutschland, über die Bemühungen, die Tiere zu retten

Frau Trump, warum sind die Nashörner in Südafrika in Gefahr?

Südafrika hat die größten Nashornbestände Afrikas: 80 Prozent aller afrikanischer Nashörner leben dort, davon 7.000 bis 8.000 allein im Kruger-Nationalpark. Das macht dieses Land zum absoluten Hotspot der Nashornwilderei. Die Wilderer töten die Tiere, um deren Hörner abzuschneiden. Diese werden dann meistens über Mosambik nach Asien geschmuggelt, wo sie vor allem in Vietnam und China Verwendung in der traditionellen Medizin finden. Außerdem gilt es als Statussymbol – ein Kilo Rhino-Horn kostet mehr als ein Kilo Gold. Auch wenn die Wilderer in Afrika nur einen Bruchteil dieser Gewinne erhalten, ist das ein immens großer Anreiz.

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(KfW Bankengruppe/Thomas Schuch)

Ist denn die medizinische Wirkung des Nashornpulvers nachgewiesen?

Nashornpulver gilt als krampflösend und fiebersenkend, aber es gibt keine wissenschaftlichen Beweise dafür. Im Grunde genommen werden hier Goldpreise für Keratin gezahlt, also den Stoff, aus dem auch zum größten Teil die menschlichen Fingernägel bestehen. Momentan wird die Situation dadurch verschärft, dass sich hartnäckig das Gerücht hält, das Nashornpulver könne Krebs heilen. Dieser Irrglaube hat in den vergangenen Jahren zu einem regelrechten Boom geführt. Noch 2007 wurden in Südafrika lediglich 13 Nashörner getötet, 2016 waren es bereits 1.054.

Und was kann man dagegen unternehmen?

Wir sind überzeugt, dass das Problem auf drei Ebenen bekämpft werden muss: die Wilderei muss gestoppt, der Handel unterbunden und die Nachfrage reduziert werden. Die Regierung in Südafrika nimmt den Kampf gegen die Wilderei sehr wichtig. Der Handel mit den Hörnern gewilderter Tiere unterliegt hohen Strafen, seit neuestem auch in Mosambik. Bedauerlicherweise haben diese Bemühungen vor kurzem einen Rückschlag erlitten.

Nashorn in Südafrika

Sie meinen die Klage des privaten Nashornzüchters John Hume…

Ja, Hume hat gegen das Handelsverbot im Inland geklagt. Er hat auf seiner Farm etwa 1.500 Tiere. In regelmäßigen Abständen schneidet er ihnen – unter Betäubung – die Hörner ab. Da sie nachwachsen, haben sich bei ihm im Laufe der Jahre mehrere Tonnen Horn angesammelt. Er will sie verkaufen dürfen – und hat sich vor Gericht durchsetzen können, glücklicherweise vorerst nur auf nationalem Niveau. Internationaler Handel zu kommerziellen Zwecken ist durch das Washingtoner Artenschutzübereinkommen nach wie vor verboten. Allerdings überlegt die Regierung in Südafrika, einen eingeschränkten Hornexport für private Zwecke zu erlauben. Würde dies in Kraft treten, stellt diese Entscheidung die Behörden in Südafrika vor ein Problem: Wie stellt man fest, ob das Horn legal oder illegal, also durch Wilderei, erworben wurde? Das ist auch deshalb verheerend, weil plötzlich eine Nachfrage bedient wird, die man mühsam zu reduzieren versucht.

Wo sehen Sie noch Handlungsbedarf?

Zum einen braucht es mehr Wildhüter. Aber auch die Zufriedenheit derer, die bereits gegen die Wilderer kämpfen, muss erhöht werden. In den vergangenen zehn Jahren sind weltweit rund 1000 Wildhüter getötet worden. Sie haben einen gefährlichen Job, bei dem sie tage – und wochenlang ihre Familien nicht sehen, und oft sind sie noch nicht einmal versichert. Deshalb sind Programme, wie sie der WWF, die Bundesregierung und die KfW unterstützen – zum Beispiel die Ausbildung der Ranger in Ländern wie Südafrika –, sehr wichtig. Ebenso wichtig ist aber auch eine effiziente und vor allem korruptionsfreie Strafverfolgung entlang der gesamten Handelskette – also von den Ursprungsländern in Afrika bis hin in die Abnehmerstaaten in Asien. Und natürlich die Reduktion der Nachfrage, vor allem in Vietnam und China.

Was macht der WWF auf der Nachfrageseite, also in Asien?

Der WWF hat vor kurzem neue Aktivitäten gestartet, bei denen wir auf Universitäten und Schulen für traditionelle Medizin in Vietnam zugehen, um die angehenden Mediziner darüber aufzuklären, dass Nashornpulver kein Heilmittel ist. Unsere zweite Zielgruppe ist der Privatsektor: Wir versuchen die Unternehmen zu überzeugen, dass Rhino-Horn und andere Wildtierprodukte wie Elfenbein keine guten Geschenke darstellen.

Katharina Trump vom WWF
„Der Glaube an die Heilkraft des Nashornpulvers sitzt tief.“

Katharina Trump, Tierökologin und Referentin für Wildereibekämpfung in Afrika

Wie erfolgreich sind diese Aktivitäten?

Der Glaube an die Heilkraft des Nashornpulvers sitzt tief. Dies zu ändern, ist eine Generationsaufgabe. Aber auch Armutsbekämpfung in Afrika bleibt ein wichtiges Thema: In Südafrika leben auf dem Land sehr viele arme Menschen, sie brauchen Perspektiven und Einkommensmöglichkeiten, damit sie nicht in die Nashornwilderei hineingezogen werden.

Ist die kontrollierte Nashorn-Enthornung eine Lösung?

Keine langfristige. Erstens ist das sehr aufwändig und auch teuer. Jedes Tier muss erwischt und betäubt werden. Zweitens werden auch die enthornten Tiere Opfer der Wilderer. Und drittens haben die Hörner der Tiere natürlich eine verhaltensbiologische Funktion. Unter der derzeitigen, akuten Bedrohungslage kann die Enthornung allerdings dennoch eine notwenige Notfallmaßnahme sein, die in einigen südafrikanischen Reservaten auch angewendet wird. Das Risiko, die Tiere an Wilderer zu verlieren, ist zu groß. Die Bemühungen dürfen nicht nachlassen.

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Alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedeten im Jahr 2015 die Agenda 2030. Ihr Herzstück ist ein Katalog mit 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung, den Sustainable Development Goals (SDGs). Unsere Welt soll sich in einen Ort verwandeln, an dem Menschen ökologisch verträglich, sozial gerecht und wirtschaftlich leistungsfähig in Frieden miteinander leben können.

Auf KfW Stories veröffentlicht am: Montag, 25. September 2017