Die Heilkraft der Pflanzen steckt in Cremes, Arzneitees oder Hustensaft. Für die Verwendung der arzneilichen Essenzen oder Zubereitungen gelten strenge Regeln. So muss nachvollziehbar sein, wo und wie sie hergestellt werden. Claudia Valder von Systema Natura setzt sich dafür ein – zum Wohl der Verbraucher, der Produzenten und der Umwelt. Damit wurde Systema Natura Landessieger Schleswig-Holstein beim KfW Award Gründen 2019.
Südlich von Kiel, im kleinen Ort Flintbek zieht Claudia Valder den Laborkittel an. Auch bei der Arbeit mit Naturstoffen gelten strenge Hygienevorschriften. Sie entwickelt neue Verfahren und produziert pflanzliche Prototypen, hergestellt werden die Erzeugnisse von Kooperationspartnern in der ganzen Welt.
„Bei Systema Natura betreiben wir Supply-Chain-Management und leisten Technologietransfer. Das klingt jetzt sehr trocken“, sagt Claudia Valder lachend und erklärt ihr Konzept anhand eines praktischen Beispiels: „Produkte, die wir essen oder trinken, mit denen wir uns eincremen oder die uns bei Erkältungen helfen, enthalten oft ätherische Öle. Das können Destillate aus Rosmarin, Thymian, Fichte oder verschiedenen Zitrusfrüchten sein. Systema Natura kümmert sich um den fairen, ressourcenschonenden Anbau, die Reinheit der Produkte und um transparente Lieferwege. Und das global.“
Seit 2013 muss die Lieferkette nachweisbar sein
Seit 2013 ist in der EU die Rückverfolgbarkeit der Stoffe in Arzneimitteln gesetzlich vorgeschrieben. Damit sollen Konsumenten vor gefälschten Mitteln geschützt und die Qualität bewahrt werden. Doch wenn die Lieferkette nicht eindeutig nachzuweisen ist, kann es die Stoffe in vielen Arzneimitteln gar nicht mehr geben. Das gilt nicht nur für Antibiotika, sondern auch für frei verkäufliche Produkte wie Erkältungspräparate oder traditionelle Mittel gegen Verdauungsbeschwerden. Claudia Valder wollte diesen drohenden Verlust nicht hinnehmen. „Als Apothekerin und Parfümeurin bin ich schon immer ein Fan von ätherischen Ölen gewesen. Sie können so viel bewirken, zum Beispiel in der sanften Medizin für Kinder. Ich fand es sehr schade, dass sich fast niemand ausreichend für den Erhalt dieser wunderbaren Stoffe eingesetzt hat, als sich die Gesetzesänderung anbahnte. Das war mein Anstoß für die Gründung – schließlich ist der Markt groß und vielseitig.“
Claudia Valder entwickelte ein umfassendes Konzept: Sie wollte ihr Know-how direkt bei den Erzeugern etablieren und Lieferketten aufbauen, die auch allerhöchsten Anforderungen genügen. Ihre Vision war, die gewünschten Standards und Verfahren in Deutschland als Piloten zu entwickeln und dann die Ausgangsstoffe von Partnern in den Anbaugebieten herstellen sowie an zentralen Orten weiterverarbeiten zu lassen. „Das geht nicht im Hinterzimmer. Es braucht ein Technikum, viele Maschinen, ein gut ausgestattetes Labor und qualifizierte Mitarbeiter. Und es bedarf einigen Kapitals“, fasst sie ihre damaligen Überlegungen zusammen. Die Gründerin engagierte ein Beraterteam, dies schlug ihr die KfW als Finanzierungspartner vor.
Lesen Sie unter der Bildergalerie weiter.
Das wertvolle Öl von Rosenblütenblättern verfeinerte schon in der Antike Wein oder Kosmetika.
Als Backpackerin zum Hersteller im Ausland
So überzeugend sie in Deutschland ihre Idee vorbrachte, in den Anbauländern der Naturstoffe war die Herausforderung größer. Claudia Valder erinnert sich an ihre abenteuerlichen Reisen: „Ich bin zum Teil als Backpackerin in entlegene und sehr traditionelle Gegenden gereist. Da stand ich dann mit einem Rucksack vor den Menschen und schlug eine große Kooperation vor, das war ihnen zunächst etwas suspekt. Aber letztlich habe ich sehr viele Partner für ein gemeinsames Ziel gewinnen können.“
Der Plan der Gründerin ging auf: Hersteller im Mittelmeerraum und in vielen weiteren Ländern gehören heute zu Systema Natura. In den Regionen wurden mit Unterstützung des deutschen Unternehmens Produktionen mit entsprechenden Maschinen aufgebaut, ein Qualitätsmanagement eingeführt und die Mitarbeiter vor Ort trainiert. So können die strengen Kriterien der Lieferketten garantiert werden. Und es entstehen Arbeitsplätze für viele Menschen, die vorher kaum eine Erwerbsmöglichkeit hatten. Trotz der Abnahmegarantie können die Partner auch für andere Firmen produzieren und begeben sich somit nicht in Abhängigkeit.
KfW Award Gründen
Der KfW Award Gründen (ehemals GründerChampions) zeichnete im Oktober 2019 die 16 Landessieger und einen Bundessieger für ihre Geschäftsideen aus.
Mehr erfahrenClaudia Valder hat mit ihrer Gründungsidee jedoch mehr als einen zuverlässigen Vertrieb aufgebaut: „Ich führe mein Unternehmen wie eine familiäre Kooperative. Alle reden oft und viel miteinander. Auch Produzenten aus unterschiedlichen Ländern, die vorher nichts miteinander zu tun hatten, tauschen sich aus. Hier verständigen sich unterschiedliche Kulturen, und ich finde es wunderbar, dies zu ermöglichen und mitgestalten zu können.“
Diese offene Atmosphäre ist auch am Firmensitz in Deutschland spürbar. Die zehn Mitarbeitenden, ein großer Teil davon Frauen, sind gern in Flintbek. Einige können im Homeoffice arbeiten, pendeln aber aus Hamburg, weil sie das Miteinander schätzen. Claudia Valder, selbst Mutter von Zwillingen, hat eine Kernarbeitszeit eingeführt, die Eltern entgegenkommt. „Ich bringe meinen Angestellten viel Vertrauen entgegen, und sie können immer mit mir reden. Dafür bekomme ich ganz viel Engagement und Zuverlässigkeit zurück“, sagt sie.
Anhängerin des „Cradle-to-Cradle“-Konzepts
Systema Natura hat ganz wie eine Familie mittlerweile auch eine Tochter bekommen: die Firma Sympaplant. Gerade werden auf dem Gelände ein Erweiterungsbau und ein Gewächshaus errichtet. Hier wird zukünftig auch Saatgut gezüchtet und der Ertrag optimiert, bevor der Anbau bei den Partnern im Ausland erfolgt. Bei der Veredlung der Produkte durch die Sympaplant, die aus den Supply Chains der Systema Natura stammen, wird über die gesamte Prozesskette hinweg auf umweltfreundliche Technologien, die Einsparung von Ressourcen wie Wasser und Energie und die Vermeidung von Pestiziden geachtet.
Inspirieren lässt sich Claudia Valder bei ihrem Tun von den Konzepten Cradle to Cradle und Zero Waste. „Wir setzen uns ein für eine Kreislaufwirtschaft, die den Grundsatz vom Ursprung bis zum Ursprung unter Vermeidung von Abfall ernst nimmt. Bei vielen der Produkte, wie z. B. dem Orangenöl, bedeutet es, dass alles verwertet wird – Saft, Schale, Bitterstoffe und Farbstoffe der Frucht. Wir engagieren uns auch für den Pflanzenschutz und schaffen Alternativen zum Einsatz von Pestiziden. Etwas Nachhaltiges zu schaffen, das vielleicht an vielen Orten als Vorbild dienen kann, macht mich wirklich sehr zufrieden“, so die Gründerin.
Zu diesen Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen leistet das dargestellte Projekt einen Beitrag
Ziel 8: Nachhaltiges Wirtschaftswachstum und menschenwürdige Arbeit für alle
Das Wirtschaftswachstum vergangener Jahrzehnte vollzog sich auf Kosten natürlicher Ressourcen und des Weltklimas und stößt längst an ökologische Grenzen. Es bräuchte mehrere Planeten Erde, um allen Menschen ein Leben zu ermöglichen, wie es heute in Deutschland selbstverständlich ist. Eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung bringt soziale, ökologische und wirtschaftliche Entwicklungsziele in Einklang. Quelle: www.17ziele.de
Alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedeten im Jahr 2015 die Agenda 2030. Ihr Herzstück ist ein Katalog mit 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung, den Sustainable Development Goals (SDGs). Unsere Welt soll sich in einen Ort verwandeln, an dem Menschen ökologisch verträglich, sozial gerecht und wirtschaftlich leistungsfähig in Frieden miteinander leben können.
Auf KfW Stories veröffentlicht am 5. Dezember 2019.
Datenschutzgrundsätze
Wenn Sie auf eines der Icons der hier aufgeführten klicken, werden Ihre persönlichen Daten an das ausgewählte Netzwerk übertragen.
Datenschutzhinweise