Möbelstück des Start-ups Okinlab
Das Onlineprogramm form.bar

Das Onlineprogramm form.bar

Möbel nach Maß

Passt nicht? Gibt’s nicht. Mit dem Onlineprogramm form.bar kann jeder seine Möbel selbst kreieren und von einem Schreiner in der Nähe fertigen lassen. Das funktioniert – trotz Preiskampf in der Möbelbranche. Ein Porträt des Start-ups Okinlab.

Die Gründer
Die Gründer von Okinlab im Porträt

Alessandro Quaranta (l.) und Nikolas Feth kennen sich schon seit Schulzeiten. Gemeinsam kamen sie auf die Idee, eine Software für individuelle Möbelstücke zu erfinden.

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„Zeig’ einem schlauen Menschen einen Fehler, und er wird sich bedanken. Zeig’ einem dummen Menschen einen Fehler, und er wird dich beleidigen.“ Ein Zettel mit einer Weisheit des chinesischen Philosophen Laotse hängt direkt gegenüber einem Naturholzregal mit wellenförmigen Brettern. Das Möbelstück ist einer der Bestseller der Okinlab GmbH in Saarbrücken, des Start-ups hinter der Software form.bar.

Alessandro Quaranta, einer der beiden Geschäftsführer, erklärt das form.bar-Prinzip: „Die Kunden können ihre Möbel mit unserer Onlinesoftware individuell von zu Hause aus entwerfen. Und wir schicken die Fertigungsdaten dann an einen Schreiner in Kundennähe.“ Die Spezialität des Unternehmens ist der Sprung aus dem Digitalen zurück zum realen Produkt für das heimische Wohnzimmer.

Mahnende Sprüche wie den von Laotse scheint das Start-up allerdings nicht nötig zu haben – im Gegenteil: Obwohl erst gut fünf Jahre online, hat die Designplattform form.bar schon zahlreiche Preise gewonnen. Im Flur der Büroetage reihen sich Urkunden aneinander: für den KfW Award Gründen, den Deutschen Gründerpreis, den Staatspreis für Design, den German Design Award, gleich vier Mal für den Titel „Deutschlands bester Online-Shop“ und weitere Preise.

„Viele Menschen möchten ihre Individualität leben, aber häufig ist die praktische Umsetzung schwierig. form.bar ermöglicht seinen Kunden, die eigenen Vorstellungen in echte Möbel zu verwandeln – persönlicher geht es kaum“, sagt Christian Buhr, Abteilungsleiter für Unternehmensfinanzierung, Gründung und Bildung der KfW und Mitglied der Jury des KfW Award Gründen.

Die Gründer von Okinlab vor einem ihrer Regale

Die Gründer Alessandro Quaranta und Nikolas Feth in ihrem Büro in Saarbrücken. Im Hintergrund steht eines ihrer individualisierbaren Naturholzregale.

Ein überraschender Erfolg

Auch seine Räume in der Saarbrücker Innenstadt hat das Team über einen Wettbewerb bekommen – günstige Miete und weitere Start-ups zum Austauschen und Netzwerken inklusive. „Ohne unsere vorherigen Erfahrungen hätten wir form.bar so nicht umsetzen können“, sagt Geschäftsführer Quaranta, ein Enddreißiger mit T-Shirt und kurzer Hose – einer, bei dem man aufpassen muss, nicht aus Versehen ins Du zu rutschen. Quaranta war schon einmal selbstständig: Er besaß zwei Läden für hochwertige Herrenmode. Gleichzeitig arbeitete er als Berater für studentische Start-ups an der Universität des Saarlandes.

Zwei Puzzleteile, die sich kurze Zeit später zusammenfügten. Quaranta wurde mit der Einrichtung eines Uni-Shops beauftragt. Aber der Laden war klein, schlauchartig und hatte hohe Decken. Für herkömmliche Regale, Verkaufstresen und eine Umkleide war viel zu wenig Platz. Quaranta fragte seinen Schulfreund Nikolas Feth um Rat, der als Architekt an Leichtbauteilen forschte. Gemeinsam überlegten sie hin und her und erdachten zusammen mit Schreinern die perfekte Lösung.

KfW Research

Der Abwärtstrend bei Neugründungen ist auch in der Kreativwirtschaft prägend. Eine KfW-Research-Studie zeigt, welche Teilbereiche besonders betroffen sind.

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Bereits die Eröffnungsparty des Ladens war ein Erfolg: Quaranta und Feth bekamen völlig unerwartet Anfragen von den Gästen – nicht für die Mode, sondern für ihre Möbel. Die beiden fingen an zu vermitteln. „Aber dieses Hin und Her zwischen Schreiner und Kunde und uns zwischendrin war viel zu umständlich“, sagt Nikolas Feth.

Trotzdem ließ sie der Gedanke nicht mehr los, das Potenzial örtlicher Schreiner für die Produktion individueller Möbel zu nutzen – und diese auch für Durchschnittsverdiener bezahlbar zu machen. Einen Markt für individuelle Möbel schien es zu geben, optimierungsbedürftig war lediglich der langwierige und damit teure Abstimmungsprozess zwischen Kundenwunsch und Fertigung.

Als sich die Freunde wenig später wieder einmal mit ihren Familien bei Feth trafen – „eigentlich nur zu einem gemütlichen Abend“, wie Feth sagt –, rauchten die Köpfe. Bis tief in die Nacht hinein diskutierten sie beim Bier über tote Ecken, teure Maßanfertigungen und die immer gleichen Ikea-Regale im Bekanntenkreis.

Regal in der Stadtbibliothek Saarbrücken von formbar

Bücherbaum: In der Stadtbibliothek Saarbrücken genießen Gäste Literatur unter geschwungenen Regalen von formbar by Okinlab.

form.bar wird international

„Am nächsten Morgen um fünf hat mich Alessandro schon wieder angerufen – da war klar: Das war keine Quatschidee beim Bier. Das wollen wir unbedingt machen!“, sagt Nikolas Feth. Sie bewarben sich für das Exist-Gründerstipendium und trafen eine Vereinbarung: Sollte der Antrag bewilligt werden, wollten sie ein Start-up gründen und beide Geschäftsführer werden.

Und sie haben Wort gehalten. Aus der „Idee beim Bier“ ist ein Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern geworden, mit Programmierern für das Onlinetool, Designfachleuten für die Möbelgestaltung und Marketing- und Social Media-Experten für die Vermarktung.

Nun lautet das Ziel: noch bekannter werden. „Zurzeit arbeiten über 80 Schreiner mit uns, mehr als 300 haben bereits angefragt. Es soll ein flächendeckendes Netzwerk geben, und das haben wir in Deutschland bereits fast geschafft, damit die Möbel möglichst nah bei den Kunden produziert werden können. Nicht nur in Deutschland, sondern überall auf der Welt“, sagt Quaranta. Weltweit regional – das ist der Traum von form.bar, der mehr und mehr Wirklichkeit wird. Schon länger ist die Plattform in Österreich, der Schweiz und Luxemburg erfolgreich, und seit einigen Monaten nimmt die Internationalisierung richtig Fahrt auf. In etlichen weiteren Ländern Europas ebenso wie zum Beispiel in Südafrika oder Kanada werden inzwischen form.bar-Möbel hergestellt.

Empore von formbar in einer Kindertagesstätte

Auf dieser Empore für eine Kindertagesstätte dominieren schwungvolle Formen.

„Faire, bezahlbare Preise“

Warum ihnen das so wichtig ist? Schließlich ließe sich mit einem großen Lieferanten im osteuropäischen Ausland billiger produzieren. „Natürlich sind die Lohnkosten im Ausland niedriger, aber dadurch wären wir sehr unflexibel bei kurzfristigen Anfragen“, sagt Nikolas Feth und verweist auf die Chancen, die ihr System auch für ihre Geschäftspartner bietet. „Wenn der langwierige Designprozess wegfällt, weil der Kunde sein Möbel selbst entwerfen kann, sind Schreinerbetriebe wieder konkurrenzfähig.“

Und Quaranta ergänzt: „Das würde auch unserer Philosophie widersprechen. Wir wollen keine Großproduktion aufmachen und die Möbel quer durch die Welt verschicken, sondern die Technologie einsetzen, um wieder regional produzieren zu können und dabei faire, bezahlbare Preise zu ermöglichen.“

So locker die beiden wirken, der Druck, der auf ihnen lastet, ist hoch: Als Geschäftsführer haben sie nicht nur Verantwortung für ihr Unternehmen und die Mitarbeiter, sie müssen auch Familien mit kleinen Kindern versorgen.

Ob es da ein Risiko ist, mit einem Freund zusammenzuarbeiten? „Im Gegenteil“, sagt Quaranta. „Wir kannten uns vorher schon sehr gut und wussten, worauf wir uns einlassen. Mit einem starken Team kann man viel erreichen!“

Auf KfW Stories veröffentlicht am 1. August 2017, aktualisiert am 1. November 2020.

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Alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedeten im Jahr 2015 die Agenda 2030. Ihr Herzstück ist ein Katalog mit 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung, den Sustainable Development Goals (SDGs). Unsere Welt soll sich in einen Ort verwandeln, an dem Menschen ökologisch verträglich, sozial gerecht und wirtschaftlich leistungsfähig in Frieden miteinander leben können.