Mit der Modernisierung des Belgrader Flughafens rückt Serbien politisch wie wirtschaftlich dem Westen näher. Die DEG unterstützt das Projekt mit einem Kredit.
Wer heute auf dem Flughafen von Belgrad landet, kann sich kaum mehr vorstellen, wie wichtig und international er einmal war. Von hier flog die jugoslawische Gesellschaft JAT einst bis nach Australien. Fünf Kontinente standen auf dem Flugplan. Doch die Aufteilung Jugoslawiens in sechs Staaten, die Sanktionen als Folge des Kriegs auf dem Balkan in den Neunzigerjahren und der wirtschaftliche Niedergang Serbiens haben dem Airport arg zugesetzt. Aus dem zentralen Flughafen auf dem Balkan ist einer unter vielen geworden. Nun erhält die begonnene Modernisierung des Flughafens einen neuen Schub.
Das französische Unternehmen Vinci hat vor Kurzem vom serbischen Staat eine Konzession über 25 Jahre erworben, um den Flughafen zu erneuern. Es plant ein neues Empfangsgebäude, man wird die Landebahn erneuern und auf 3,5 Kilometer verlängern sowie die Zahl der Fluggaststeige von 17 auf 38 mehr als verdoppeln.
Die Franzosen haben das Bieterrennen für sich entscheiden können und scheinen mehr als geeignet für das ambitionierte Projekt. Denn Vinci betreibt weltweit 46 Flughäfen in zwölf Ländern – darunter neuerdings auch Londons zweiten großen Airport Gatwick – und war damit 2018 für 240 Millionen Fluggäste verantwortlich. In Belgrad möchte Vinci die Zahl der Passagiere in den kommenden zwei Jahrzehnten verdreifachen. Mindestens 15 Millionen Fluggäste sollen hier ab 2043 jährlich losfliegen oder ankommen. 730 Millionen Euro will das Unternehmen dafür in den Ausbau des Flughafens Belgrad investieren. Die KfW-Tochter DEG hat Vinci für die Erneuerung ein Darlehen von 22,4 Millionen Euro bereitgestellt.
Umweltgerechte Modernisierung
„Unsere Modernisierungen in den vergangenen Jahren haben erste Erfolge gezeigt“, sagt Senka Jelenkovic, die hier zuvor als Geschäftsführerin gearbeitet hat und unter dem neuen Management als Chief Administration Officer tätig ist. „Die Zahl der Passagiere ist 2018 auf mehr als 5,6 Millionen gestiegen. In diesem Jahr erwarten wir rund sechs Millionen Fluggäste. Durch das Engagement von Vinci bekommt diese Entwicklung zusätzliche Dynamik.“
Tatsächlich wirken Teile des Terminals schon jetzt zeitgemäß. Es gibt Cafés und Shops, und der Zugang zu den Flugzeugen geschieht nicht nur per Bus, sondern auch mit beweglichen Flugsteigen. Nicht weniger wichtig, wenngleich für die meisten Passagiere nicht zu erkennen, ist die bereits angelegte vergrößerte Fläche für das Enteisen der Maschinen im Winter. Abseits der Ankunfts- und Abflugsteige gibt es nun nicht nur mehr Platz, um die Flugzeuge schnell startklar zu machen, ohne den Flugverkehr zu stören. Zudem werden die für das Enteisen benötigten Flüssigkeiten direkt aufgefangen und entsorgt, ohne dass chemische Abbaustoffe ins Abwasser gelangen.
„Den Flughafen nicht nur zu erneuern und zu erweitern, sondern auch so umweltgerecht wie möglich zu machen, ist eines der Ziele des Renovierungsprogramms“, sagt Petar Novakovic. Als Student hat er hier am Gepäckband gejobbt, heute managt er die Flughafenentwicklung, kümmert sich sowohl um den Austausch mit allen Interessengruppen wie dem zuständigen Ministerium als auch um die Umweltthemen. Dazu zählt der Betrieb der ersten Abwasserbehandlungsanlage in Serbien sowie der Solarpanels zur Energieerzeugung.
Flughafen mit Potenzial
Serbiens Regierung versucht, mit dem Flughafenprojekt zu den inzwischen größeren Airports in der Region wie Budapest, Bukarest oder Sofia aufzuschließen. Die Entscheidung für den französischen Partner Vinci ist zugleich Ausdruck für zwei andere Entwicklungen: ein Interesse der Serben daran, mindestens in Teilen die Infrastruktur des Landes mithilfe der Beteiligung privater Unternehmen zu erneuern. Und sie ist ein Beleg für eine verstärkte Zusammenarbeit mit Europa. Eine Orientierung hin zur Europäischen Union ist im Land nicht unumstritten. So gibt es in Parlament wie Öffentlichkeit weiterhin starke Stimmen, denen die Öffnung einem Ausverkauf gleichkommt, und auch solche, die die traditionellen Bindungen an Russland und andere osteuropäische Länder bevorzugen.
Quelle
Dieser Artikel ist erschienen in CHANCEN Herbst/Winter 2019 „Wendezeiten“.
Zur AusgabeDer Weg, den Regierung und Vinci einschlagen, ist darum von pragmatischen Überlegungen geprägt. Ein moderner Flughafen, der das Reisen so unkompliziert wie möglich macht, verspricht nicht bloß wirtschaftlichen Erfolg. Jeder zufriedene Passagier ist ein Argument für die Öffnung des Landes, jeder einzelne Flug ein Beitrag dazu. Oder wie Nicolas Notebaert, der Vorstandsvorsitzende von Vinci, bei der Vorstellung seines Unternehmens in Belgrad sagte: „Wir sind vom Potenzial dieses Flughafens fest überzeugt.“
Zu diesen Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen leistet das dargestellte Projekt einen Beitrag
Ziel 1: Armut beenden
Rund elf Prozent der Weltbevölkerung leben in extremer Armut. Im Jahr 2015 waren es etwa 836 Millionen Menschen. Sie mussten mit weniger als 1,25 US-Dollar pro Tag auskommen. Die Weltgemeinschaft hat es sich zum Ziel gesetzt, die extreme Armut bis 2030 komplett zu beenden. Quelle: www.17ziele.de
Alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedeten im Jahr 2015 die Agenda 2030. Ihr Herzstück ist ein Katalog mit 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung, den Sustainable Development Goals (SDGs). Unsere Welt soll sich in einen Ort verwandeln, an dem Menschen ökologisch verträglich, sozial gerecht und wirtschaftlich leistungsfähig in Frieden miteinander leben können.
Auf KfW Stories veröffentlicht am 12. November 2019.
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