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Infrastruktur

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Verschnaufpause für Kommunen

Die Mehrheit der Kommunen berichtet im KfW-Kommunalpanel 2019 von einer guten oder sogar sehr guten Haushaltslage. Die befragten Kämmereien sehen jedoch deutlich skeptischer auf die zukünftige Finanzlage, wie unsere interaktiven Grafiken zeigen. Im Interview mit KfW Stories gibt KfW-Volkswirt Dr. Stephan Brand einen Einblick in die zentralen Ergebnisse der diesjährigen Befragung.

Zur Person
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Dr. Stephan Brand ist seit 2015 in der KfW. Als Senior Referent in der volkswirtschaftlichen Abteilung ist er für KfW Research im Themenbereich Kommunen und Infrastruktur tätig.

Wie ist die aktuelle Finanzlage der Kommunen zu bewerten?

DR. STEPHAN BRAND: Die aktuelle Finanzlage der Kommunen ist im Großen und Ganzen gut. Wir haben schon einige Jahre deutliche Überschüsse in den Haushalten. Das gilt für die meisten Kommunen, allerdings nicht für alle. Es gibt immer noch Kommunen, die ihre Haushalte nicht ausgleichen können. Die Haushaltsdefizite haben sich zwar verringert, bestehen jedoch weiterhin und schränken dort die Handlungsspielräume ein.

Das klingt trotzdem nach einem eher positiven Stimmungsbild für die meisten Kommunen. Warum gibt es dennoch einen so großen Rückstand an Investitionen?

Wenn wir über den Investitionsrückstand reden, sprechen wir über eine Entwicklung, die vor vielen Jahren begonnen hat. Ein paar gute Jahre, wie wir sie derzeit erleben, reichen nicht aus, um dieses Problem zu lösen. Wir beobachten zwar auf der einen Seite seit einigen Jahren steigende Investitionen, aber es fehlt beispielsweise in der Verwaltung das entsprechende Personal, um die vorhandenen Gelder investieren zu können. In der letzten Dekade wurden viele Stellen abgebaut, was die Kommunen nun vor organisatorische Herausforderungen stellt.

KfW-Kommunalpanel

Um einen Überblick über die Finanzlage, die Investitionstätigkeiten und Finanzierungsbedingungen der Kommunen zu erhalten, wurden diese 2009 erstmals im Auftrag der KfW vom Deutschen Institut für Urbanistik befragt. Das KfW-Kommunalpanel erscheint seitdem jährlich und hat sich als Referenzgröße in der wirtschaftspolitischen Debatte etabliert.

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Ist das auch der Grund, warum sich der Abbau der Investitionsrückstände nun derartig verzögert?

Genau. Im letzten Jahr konnte rund ein Drittel der eigentlich geplanten Investitionen nicht realisiert werden. Die Kämmerer melden zurück, dass nicht nur das nötige Personal fehlt, um Projekte im gewünschten Tempo umzusetzen. Ein weiterer wesentlicher Punkt sind fehlende Kapazitäten am Bau. Durch den andauernden Bauboom sind Handwerker knapp. Die Aufträge der Kommunen müssen hier mit denen von Firmen und Privatleuten konkurrieren und können sich nicht immer durchsetzen. Die steigenden Preise und die hohe Auslastung am Bau verhindern, dass die Kommunen die nötigen Investitionen auf absehbare Zeit umsetzen können.

Gibt es dabei auch regionale Unterschiede?

Wir haben viele Kommunen in Deutschland, und die Einflussfaktoren, die auf die kommunalen Haushalte wirken, sind ebenfalls vielfältig. Einige Kommunen profitieren von ihrem Standort, andere weniger. Zudem ist wichtig, wie die Länder ihre Kommunen unterstützen. Wir haben 13 Flächenländer, und jedes dieser Länder handhabt das ein bisschen anders. Und natürlich müssen die Kommunen selbst auch gut wirtschaften. Also lautet die Antwort: Ja. Die vielen Faktoren, auf die die Kommunen nur zum Teil Einfluss haben, führen zu starken regionalen Unterschieden, die auch in konjunkturell guten Zeiten bestehen bleiben.

Lesen Sie unter den interaktiven Grafiken weiter.

Können Sie einschätzen, wie sich die Zahlen in den kommenden Jahren entwickeln werden?

Die Hoffnung ist, dass der eingeschlagene Pfad beibehalten wird. Wir können aus den Zahlen der Kämmerer ablesen, dass in Bereichen wie etwa Schulen und Kitas der Aufholbedarf erkannt wurde und der Investitionsrückstand tendenziell zurückgeht. Allerdings zeichnet sich auch ab, dass die Erwartungen für andere Bereiche, wie beispielsweise die Straßen, eher verhalten sind. Wenn wir uns die Annahmen der zukünftigen Finanzlage ansehen, dann haben wir zum ersten Mal seit 2010 wieder eine sehr deutliche Eintrübung festgestellt. Das deckt sich mit den verhaltenen Konjunkturprognosen, muss aber nicht bedeuten, dass wir tatsächlich direkt in Defizite rutschen. Es kann jedoch sein, dass die Kommunen in den nächsten Jahren wieder weniger finanziellen Spielraum haben werden. Was das für die Investitionstätigkeit am Ende wirklich bedeutet, werden wir wohl erst aus den neuen Zahlen der folgenden KfW-Kommunalpanels ablesen können.

Auf KfW Stories veröffentlicht am: Dienstag, 20. August 2019