Am Hafenterminal von Melbourne läuft der Betrieb fast vollkommen automatisiert. Die Digitalisierung der Häfen revolutioniert die Logistik der Schifffahrt. Die KfW IPEX-Bank ist eine von sieben internationalen Banken, die darin die Zukunft sehen.
Emmanuel Sartitsis sieht sich zufrieden am Webb Dock East im Hafen von Melbourne um. Der Manager für die Infrastruktur des Victoria International Terminal (VICT) hat eine Tour de Force hinter sich: „Wir haben unser Terminal in nur 31 Monaten und zu geringeren Kosten fertiggestellt als geplant. Das erstaunt mich immer noch bei einem derart komplexen Projekt.”
Sartitsis und Anders Dømmestrup, CEO der VICT Limited, konnten mit ihrem Team höchste Ansprüche an moderne Hafenlogistik umsetzen. Denn es gibt derzeit kein Terminal, das automatisierter wäre. Ein weiterer Vorteil: „Dank unseres Terminals können jetzt Ozeanriesen mit bis zu 12.500 Containereinheiten in Melbourne anlegen”, so Sartitsis. Die Lage des Terminals vor der Hafeneinfahrt ist ein echter Wettbewerbsvorteil. „Die Kapitäne lieben es, dass sie durch uns zwei bis drei Stunden flussaufwärts sparen.”
Das VICT verändert die gesamte Logistiklandschaft an der australischen Ostküste. Die übergroßen Post-Panamax- und Neo-Panamax-Schiffe bringen neue Effizienz, da sich die Waren noch schneller drehen können.
Zahlen und Fakten
Die Eckdaten des VICT:
- Größe des Terminals, inklusive Empty Container Park (ECP): 35,4 Hektar
- Länge des Kais: 660 Meter
- 5 Neo-Panamax Kräne
- 20 unbemannte Containerkräne
- 11 Automatic Container Carrier, gesteuert durch 15.000 Magnete im Boden
Quelle: VICT Ltd.
Effiziente Abfertigung
Das VICT bietet zwei Liegeplätze für die kürzere Post-Panamax- (318 Meter) oder einen Liegeplatz für die Neo-Panamax-Klasse (366 Meter) an. Diese Frachter passen nur durch die neue Schleuse des Panamakanals, daher auch der Name. Die Kräne, die am Webb Dock East stehen, können die Frachter löschen und beladen und dabei die Container selbstständig zwischen Depots und Kai hin und her bewegen.
Effizienz beginnt aber nicht erst am Kai, sondern bei der papierlosen Registrierung am Eingang zum Hafengelände. Außer LKW-Fahrern begegnet man hier niemandem. An elektronisch zugewiesenen Buchungsslots schleusen sich die Fahrer ein. Eine optische Zeichen- und Nummernschilderkennung identifiziert das Fahrzeug und das „Terminal Operating and Logistics System” (TLS) validiert die bevorstehenden Transaktionen. Das TLS wird zum Leitsystem für die Fahrer: Es verarbeitet alle relevanten Daten in Sekunden, wertet sie aus und schickt sie zur jeweils nächsten Schnittstelle weiter. Auf diesem Weg erhalten auch die automatisierten Kräne und Containerfahrzeuge ihre Aufträge.
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Zukunftsmodell
Der Hafen in Melbourne ist der größte in Australien. Am Victoria International Terminal läuft der Betrieb automatisiert.
Deshalb sieht es auf dem Werftgelände aus, als wäre ein unsichtbarer Dirigent am Werk. Was sich wie von Zauberhand bewegt, wird aber von Menschen überwacht: nicht mehr aus Krankabinen und vor Ort am Dock, sondern vom Kontrollraum aus. Das exakte Zusammenspiel von Mensch und Technik ermöglicht es, dass Containerschiffe deutlich schneller als anderswo abgefertigt werden. Sogar das Wiegen der Container dauert nur zehn Sekunden. Automatisierung und digitale Fernsteuerung bringen die Container fast sechs Mal schneller auf die Trucks als an anderen Standorten - und die Waren mit weniger Verzögerung zum australischen Verbraucher.
Wirtschaftlicher Austausch zwischen Deutschland und Australien
Das moderne Logistikmodell des VICT hat die Hafengesellschaft von Melbourne und sieben internationale Investoren überzeugt, allen voran die KfW IPEX-Bank, die für die Konsortialfinanzierung verantwortlich war. „Wir konnten mit dem Kredit elf Containerfahrzeuge und 20 Stapelkräne finanzieren, und die Projektfinanzierung wurde sogar prämiert”, sagt der CEO Dømmestrup. Der „Finance Asia Achievement Award 2016” für Australien und Neuseeland wurde der VICT Limited verliehen.
Das VICT steht für einen neuen digitalen Anfang in den Häfen der Welt – auch bei der Sicherheit. „Heute übernimmt Technik die Jobs, die früher zu den gefährlichsten am Kai gehörten, zum Beispiel die Tätigkeiten im Umfeld der Container-Verriegelung”, so Dømmestrup.
Mitarbeiter, die früher an den Docks gearbeitet haben, sitzen nun im Kontrollraum, so auch die ehemaligen Kranführer. Sie haben sich zu „STS Controllern” weiterqualifiziert und aus der Isolation der Krankabinen befreit. „Alle, die ich gefragt habe, sind froh über den direkten Kontakt mit ihren Kollegen”, erzählt Dømmestrup. „Die Rückenschmerzen vermisst natürlich auch keiner, der jetzt an einem ergonomischen Arbeitsplatz sitzt und seine Maschine fernsteuert.”
Nachgefasst am 18. Dezember 2020
Im November 2019 hat es einen Wechsel in der Geschäftsführung gegeben. Tim Vancampen hat die Position von Anders Dømmestrup übernommen. Mit der Entwicklung des Hafens zeigen sich die Projektverantwortlichen zufrieden. Insbesondere in der Corona-Krise bewährt er sich, da zunehmend mehr große Schiffe den Terminal in Melbourne ansteuern. Erst im November 2020 vermeldete der Hafen einen neuen Rekord für Australien: 6.516 Container (entspricht 11.037 TEU) wurden innerhalb von 90 Stunden in nur einem Löschvorgang entladen. Ein weiterer Ausbau des Terminals ist daher bereits in Planung.
Auf KfW Stories veröffentlicht am 29. März 2017; aktualisiert am 18. Dezember 2020.
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