Das Unternehmen Munich Composites fertigt hohle Kunststoffbauteile. Das Besondere daran: Ihre Form erhalten die Werkstücke durch ein Geflecht aus Kohlenstofffasern. Die Produktionstraße für die Serienfertigung entstand mithilfe privater Investoren und der KfW.
Ein Hockeyschläger, die Antriebswelle für den Heckrotor eines Hubschraubers oder Greifarme zum Anheben von Whirlpool-Abdeckungen – so verschieden diese Gegenstände auch sind, eines haben sie gemeinsam: Ihre Form erhalten sie durch ein Geflecht aus schwarzgrauen Kohlenstofffasern. Nahtlos liegen die Fasern an- und übereinander, zu ebenmäßigen Zopfmustern geflochten. Vollbracht hat diese Präzisionsarbeit die Flechtmaschine in der Werkshalle von Munich Composites. Das Unternehmen aus Taufkirchen nahe der bayerischen Landeshauptstadt hat sich auf die Entwicklung und Herstellung von Produkten aus carbonfaserverstärktem Kunststoff spezialisiert. Mit einer patentierten Methode entstehen bei Munich Composites hohle Bauteile und Endprodukte, die ansonsten meist in Billiglohnländern gefertigt werden. „Unser Verfahren stellt durch Automatisierung gleichbleibend hohe Qualität sicher, außerdem ist die Fertigung bei uns bis zu einem Drittel günstiger als von Hand“, sagt Felix Fröhlich, der das Unternehmen 2011 mit Olaf Rüger gegründet hat.
Die beiden Luft- und Raumfahrttechniker bauen auf ihrer Produktionsstraße beispielsweise Mountainbike-Lenker, die beidseitig 200 Kilogramm Belastung aushalten – dabei aber mit nur 199 Gramm um 30 Prozent leichter sind als ein Pendant aus Aluminium. Auch Fahrwerksstabilisatoren für Autos stellen sie aus carbonfaserverstärktem Kunststoff her. Diese sind nur halb so schwer wie die Alternative aus Stahl.
In der Flechtmaschine, einem blauen Metallring von gut eineinhalb Metern Durchmesser, wird ein wiederverwendbarer Kern in der Form des späteren Produkts mit einem Carbongeflecht umspannt. 96 rundherum befestigte Spulen speisen die Fasern in die Maschine ein. Drei orangerote Roboterarme ziehen den Kern durch die Mitte des Rings und drehen und winden ihn dabei so, dass die Fasern eng und nahtlos um ihn herumgeflochten werden. Anschließend werden der Kern entfernt und das Fasergeflecht mit einem Epoxidharz gefestigt – ebenfalls automatisiert.
Das Produktionsverfahren mit dem Namen BRAIDform haben Rüger und Fröhlich selbst entwickelt und patentieren lassen. Mehrfach wurde Munich Composites dafür von dem internationalen Branchenverband JEC ausgezeichnet, außerdem erhielt es den Innovationspreis Bayern 2014.
Zu den Kunden zählen heute neben namhaften deutschen Autoherstellern unter anderem Firmen wie der australische Hockeyausrüster Ritual. Möglich wurde der internationale Erfolg durch den Innovationsgeist der beiden Gründer und Geschäftsführer – und durch die Finanzierung, die von der KfW mitgetragen wurde.
Ein EXIST-Gründerstipendium des Bundeswirtschaftsministeriums erleichterte Rüger und Fröhlich den Start, den sie 2011 mit ihrem Mentor, dem Werkstoffwissenschaftler Professor Klaus Drechsler von der TU München, wagten. 2013 dann investierte eine Reihe von Venture-Capital-Gebern und Business Angels in das junge Unternehmen. Munich Composites beantragte bei der KfW außerdem Beteiligungskapital aus dem ERP-Startfonds, der jetzt vom VC-Fonds Coparion abgelöst wurde.
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Leichter als Aluminium
Das Unternehmen Munich Composites stellt die verschiedensten Produkte mit seiner Flechtmaschine her. Auch diese industriellen Hebearme wurden aus Carbonfasern geflochten.
„Erst mit dem Geld aus der Finanzierungsrunde konnten wir unsere heutige Produktionsstraße aufbauen und in die Serienfertigung gehen“, sagt Olaf Rüger. Bis zu diesem Zeitpunkt leistete Munich Composites meist nur Entwicklungsarbeit. „Wir haben zu Beginn unserer Tätigkeit beispielsweise für die Sonderedition eines Sportwagens einen Stabilisator entwickelt – weil wir ihn damals noch nicht in Serie fertigen konnten, gab der Autohersteller die Produktion im Ausland in Auftrag“, sagt Felix Fröhlich.
Heute kann Munich Compositesin seiner Produktionsstraße rund 5.000 ausgehärtete Bauteile pro Jahr herstellen. Das Führungsduo Rüger und Fröhlich denkt darüber nach, auf einen Mehrschichtbetrieb umzustellen und die bestehende Anlage so besser auszulasten. Auch ein Ausbau der Produktion um weitere Flechtanlagen ist in der Diskussion. Seit der Finanzierungsrunde 2013 ist das Team von damals sieben auf nun 20 Mitarbeiter inklusive Praktikanten und Werkstudenten gewachsen. „Wir bezeichnen uns mittlerweile nicht mehr gern als Start-up“, sagt Olaf Rüger. „Nach fünf Jahren am Markt sind wir ein etablierter kleiner Mittelständler.“
Als Nächstes streben die Gründer von Munich Composites die Großserienproduktion von Bauteilen für die Automobilbranche an. Und sie wollen neue Kunden gewinnen, auch in Branchen wie dem Flugzeugbau, zu denen noch keine Geschäftssbeziehungen existieren. „Vorstellbar wäre, dass wir mit unserem Verfahren zum Beispiel die Rahmenstruktur von Flugzeugsitzen herstellen“, sagt Felix Fröhlich. Das Ziel der Unternehmer ist klar: weiteres Wachstum.
Auf KfW Stories veröffentlicht am 8. September 2017
Zu diesen Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen leistet das dargestellte Projekt einen Beitrag
Ziel 9: Widerstandsfähige Infrastruktur und nachhaltige Industrialisierung
Eine nicht vorhandene oder marode Infrastruktur hemmt die Wirtschaftlichkeit und fördert so die Armut. Beim Aufbau der Infrastruktur sollte der Aspekt der Nachhaltigkeit im Vordergrund stehen, zum Beispiel mit der Förderung von umweltfreundlichen Verkehrsmitteln. Auch Fabriken und Industriestätten sollten nach ökologischen Gesichtspunkten nachhaltig produzieren, um eine unnötige Umweltbelastung zu vermeiden. Quelle: www.17ziele.de
Alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedeten im Jahr 2015 die Agenda 2030. Ihr Herzstück ist ein Katalog mit 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung, den Sustainable Development Goals (SDGs). Unsere Welt soll sich in einen Ort verwandeln, an dem Menschen ökologisch verträglich, sozial gerecht und wirtschaftlich leistungsfähig in Frieden miteinander leben können.
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