Digitalisierung in Kaiserslautern
Corona-Krise

Corona-Krise

Aufwind für Digitalisierung

Kommunen in Deutschland erwarten wegen der Corona-Krise einen Digitalisierungsschub. Der Ökonom Johannes Steinbrecher berichtet im Interview über die Ergebnisse des KfW-Kommunalpanels 2020. Er erwartet Vorteile durch technologische Lösungen.

Zur Person
Johannes Steinbrecher

Johannes Steinbrecher ist Senior Economist bei der KfW. Zusammen mit Stephan Brand betreut er das KfW-Kommunalpanel 2020.

Welchen Einfluss hat die Corona-Krise auf die Digitalisierung der Kommunen?

JOHANNES STEINBRECHER: Das KfW-Kommunalpanel 2020 zeigt, dass die Digitalisierung ein Krisengewinner der Pandemie ist. In den vergangenen Jahren ist viel über den technologischen Wandel geredet worden, in der Fläche aber relativ wenig passiert. Letztlich investierten Kommunen oft dann doch in anderen Bereichen wie Schulen oder Straßen. Das wird sich wahrscheinlich ändern. 91 Prozent der nach Ausbruch der Pandemie im April 2020 befragten Kämmerinnen und Kämmerer gehen davon aus, dass die Digitalisierung durch die Krise einen Schub erfährt.

Aber auch Digitalisierung kostet Geld, und Städten und Gemeinden brechen durch die ökonomischen Verwerfungen Einnahmen weg. Kann sich die Digitalisierung in Zeiten sinkender Investitionen behaupten?

Sie ist auf der Prioritäten-Skala der Kommunen in jedem Fall nach vorne gerückt. Und ja: Im sozialen Bereich beispielsweise werden die Ausgaben wegen der Folgen der Corona-Krise wachsen. Doch das Konjunkturprogramm der Bundesregierung hilft. Was wir im KfW-Kommunalpanel seit Jahren aber sehen, ist das Gefälle zwischen finanzstarken und -schwachen Kommunen. Bessergestellte Städte und Gemeinden investieren pro Einwohner auch bei der Digitalisierung mehr als Kommunen, die sich in der Haushaltssicherung befinden.

Ist aber nicht gerade deren Handlungsbedarf auf diesem Gebiet hoch?

Digitalisierung könnte finanzschwache Kommunen deutlich entlasten. Auf diesem Weg ließe sich zum Beispiel Personal einsparen, dessen Einsatz an anderer Stelle wichtiger wäre. Wir haben im KfW-Kommunalpanel 2020 zum Thema Digitalisierung sechs Hauptbereiche abgefragt: Hard- und Softwareausstattung, Prozesse, Expertise, Personal, Finanzausstattung, IT-Sicherheit. Finanzschwache Kommunen haben deutlich häufiger in fünf oder sogar allen sechs dieser Bereiche Probleme als die finanzstarken.

Vergrößert die Corona-Krise bei der Digitalisierung, einem klassischen Zukunftsthema also, den Graben zwischen armen und reichen Kommunen?

Das ist eine Gefahr. Starke Kommunen können über das notwendige Maß hinaus investieren und spielen bei der Attraktivität für Bürger und Betriebe in einer anderen Liga. Leistungen wie eine effiziente Verwaltung und Schnittstellen für Unternehmen sind essenzielle Standortfragen. Kommunen, die da nicht so viel investieren können, bekommen Probleme.

Lesen Sie unter den Infografiken weiter.

KfW-Kommunalpanel

Um einen Überblick über die Finanzlage, die Investitionstätigkeiten und Finanzierungsbedingungen der Kommunen zu erhalten, wurden diese 2009 erstmals im Auftrag der KfW vom Deutschen Institut für Urbanistik befragt. Das KfW-Kommunalpanel erscheint seitdem jährlich und hat sich als Referenzgröße in der wirtschaftspolitischen Debatte etabliert.

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Nach dem Onlinezugangsgesetz sollen bis 2020 Serviceleistungen von Ämtern und Behörden auch online zugänglich sein. Gefährdet die Pandemie dieses Ziel?

Das lässt sich nicht beantworten, weil wir nicht wissen, wie sich die Corona-Krise entwickelt. Nur eins ist deutlich geworden: Wer vor der Pandemie gesagt hat, man brauche die Digitalisierung auf kommunaler Ebene nicht, hat seine Meinung jetzt geändert. Die Krise hat in jedem Fall das strategische Dilemma beseitigt.

Die Bedeutung des Themas ist überall angekommen?

Mit der Größe der Stadt steigt auch die wahrgenommene Relevanz der Digitalisierung. Kleine Kommunen haben einfach auch nicht so viele Einsatzbereiche für technologische Lösungen und viele Kommunen in Deutschland sind relativ klein. Zudem ist die Debatte oft noch recht technisch. Man redet viel über Hardware und Software, aber weniger über die Möglichkeiten von Open Data, über Datenschutz oder Smart Government.

Was erwarten sich Kommunen von der Digitalisierung?

Nach unseren Umfrageergebnissen steht an erster Stelle eine effizientere Verwaltung, danach kommt ein besseres Ressourcenmanagement mit dem Aspekt der Kostenersparnis. Drittens werden größere Bürgernähe und bessere Daseinsvorsorge genannt, und schließlich erhofft man sich bessere Rahmenbedingungen der Bundes- und Landespolitik für kommunales Handeln.

Auf KfW Stories veröffentlicht am 15. Juni 2020.