Die Firma SONOTEC aus Halle fertigt Spezialgeräte für Ultraschalltechnik an. Innovationen gehören seit fast dreißig Jahren zum Tagesgeschäft des Unternehmens. Ein Blick in die Erfinder-Firma.
1991 war Aufbruchsstimmung im wiedervereinigten Deutschland. Der Bundestag beschloss den Umzug in die Hauptstadt Berlin. Die Wende-Hymne „Wind of Change“ der Scorpions stand wochenlang auf Platz 1 in den Charts. Und in einem Kellerraum in der Wilhelm-Külz-Straße im ostdeutschen Halle begannen Hans-Joachim Münch und Santer zur Horst-Meyer, an innovativen Ultraschallgeräten zu tüfteln, mit denen sich schonend Körper und Materialien prüfen lassen.
Beide Physiker hatten schon zu DDR-Zeiten in einem Unternehmen für Ultraschall-Prüfgeräte in Halle gearbeitet, die Stadt an der Saale galt als Zentrum für diese Technologie. „Wir haben damals am ersten Sonografiegerät im Ostblock mitgebaut“, sagt Hans-Joachim Münch. Mit der Neugründung der SONOTEC GmbH wagten er und Santer zur Horst-Meyer 1991 dann den Sprung in die Selbstständigkeit. Wieder sollte alles um Ultraschall-Prüfgeräte gehen. Sie überlegten: Wo kann die Technik nützlich sein, wofür gibt es Abnehmer? Ein Gerät für Ärzte zur Untersuchung der Nasennebenhöhlen, ein Gerät für Handwerker zur Messung von Wanddicken – die Erfindungen trafen den Nerv der Kundschaft, das Unternehmen wuchs und begann, neue Geschäftsfelder zu erschließen. Abnutzungserscheinungen an Flugzeugflügeln erkennen, Leckagen in Rohrleitungen finden, Schweißnähte überprüfen, elektrischen Teilentladungen auf die Spur kommen. Mit Ultraschall ist vieles möglich.
Maßgeschneiderte Ultraschall-Applikationen
Bald hieß es für die Gründer: Raus aus dem Keller, rein in die Chefetage: Der einstige Zweimannbetrieb hat heute 170 Mitarbeiter und ein Tochterunternehmen in den USA. Seit April 2019 verstärken die beiden Kinder von Hans-Joachim Münch, Manuela und Michael Münch, die Geschäftsleitung. Dr. zur Horst-Meyer steht der SONOTEC GmbH weiterhin als Berater zur Seite. Manuela Münch sieht in der neuen Aufgabe nicht nur eine Herausforderung, sondern auch die Chance, das Technologieunternehmen weiter zu entwickeln: „Wir sind stolz, die SONOTEC GmbH als Familienunternehmen genauso stark wie bisher weiterführen zu können.“
Am jetzigen Standort wurde vor Jahrzehnten schon einmal technischer Fortschritt gefeiert, die Firmenräume in der Nauendorfer Straße beherbergten in den 1930er-Jahren eines der ersten Opel-Autohäuser. Ultraschall und Autos haben heute viel miteinander zu tun – oft ohne dass es den Nutzern bewusst ist, denn die Ultraschallfrequenzen sind für menschliche Ohren nicht hörbar. Neue Autos beispielsweise sind voll mit Sensoren, von der Einparkhilfe bis zur Füllstandsanzeige wird mit Ultraschall vermessen und geprüft.
SONOTEC hat eine Nische jenseits der Massenmärkte entdeckt. Das Unternehmen ist Anbieter für Speziallösungen: Es entwickelt und baut maßgeschneiderte Ultraschall-Applikationen für seine Kunden. Weil Innovationen einen Großteil des Umsatzes erwirtschaften, ist die Erfinder-Dichte im Betrieb beachtlich: Jeder fünfte Mitarbeiter arbeitet im Bereich Forschung und Entwicklung.
Das Konzept geht auf, eine Vielzahl der Innovationen ist patentrechtlich geschützt und auch Preise hat SONOTEC schon gewonnen, wie 2012 den Unternehmerpreis des Ostdeutschen Sparkassenverbandes, 2017 den Hugo-Junkers-Preis des Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung in Sachsen-Anhalt und 2018 den Umweltpreis der Umweltallianz Sachsen-Anhalt. Doch viel Erfolg erfordert viel Einsatz – ehe sich mit den Hightech-Erfindungen Geld verdienen lässt, müssen Zeit, Finanzmittel und Ressourcen in die Entwicklung investiert werden. Überbrückende Kredite der Saalesparkasse und der Unternehmerkredit Plus der KfW deckten in der Vergangenheit den Finanzierungsbedarf in Forschung und Entwicklung. „Es erfüllt uns mit Freude und Stolz, die SONOTEC GmbH als Hausbank über viele Jahre begleiten zu dürfen“, sagt Marco Unger, Firmenkundenbetreuer bei der Saalesparkasse. „Wir blicken seit der Unternehmensgründung auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zurück. Gemeinsam haben wir die Unternehmensnachfolge gesichert und freuen uns, auch in Zukunft an der Erfolgsgeschichte der SONOTEC GmbH mitschreiben zu können.“
Anders als in den 90er-Jahren handelt es sich bei den heutigen Ultraschallgeräten um moderne, digitalisierte Messcomputer.
Das Grundprinzip von Ultraschall-Prüfgeräten
Um geeignete Mitarbeiter zu finden, kooperiert SONOTEC eng mit technischen Hochschulen. Applikationsingenieure, Physiker, Industriemechaniker und natürlich Softwareentwickler werden gebraucht, denn moderne Ultraschallgeräte sind digitalisierte Messcomputer, ganz anders als in den 1990er-Jahren. „Inzwischen entwickeln wir nur noch auf Anfrage“, erklärt Hans-Joachim Münch. „Oft möchte der Kunde wissen, ob sich ein Problem mit Ultraschall lösen lässt. Dann prüfen wir: Ist es technisch machbar? Und lohnt sich die Entwicklung auch ökonomisch?“ Lässt sich beides mit Ja beantworten, kann die Arbeit beginnen.
Das Grundprinzip von Ultraschall-Prüfgeräten ist immer gleich: Man schickt Schallwellen durch einen Körper, fängt die Reflexionen auf und wertet sie aus. Je nach Einsatzgebiet und Aufgabenstellung unterscheiden sich die Sensoren jedoch gewaltig. „Wir sind breit aufgestellt, von Medizintechnik bis zu sehr rauen Applikationen in Kraftwerken oder an Pipelines“, erläutert Münch. „Sensoren werden zum Beispiel eingesetzt, um Pipelines von innen zu untersuchen. Es gibt in Deutschland sehr viele unterirdische Öl- und Gaspipelines. Von den Häfen der Nordsee führen sie ins Land hinein, andere kommen aus Südfrankreich. Erdöl ist extrem aggressiv, die Sensoren müssen das aushalten. Oder auch bei großer Kälte funktionieren.“ Pipeline-Sensoren erledigen ihren Job in der zähen schwarzen Flüssigkeit. In der Medizintechnik ist es genau umgekehrt.
Der Name verrät es: Bei der „nichtinvasiven Flüssigkeitsüberwachung“ berühren die Sensoren die zu prüfende Flüssigkeit nicht. Sie werden von außen an Schläuche von Krankenhaus-Apparaten geklemmt und kontrollieren, was innen hindurchfließt. Die Anwendung ist kinderleicht – die Arbeit der Entwickler dafür umso komplizierter. Denn in der Medizintechnik sind sogar die Schläuche Hightechprodukte. Sie bestehen aus komplexen Materialschichten, die Sensoren müssen darauf abgestimmt sein. Bei Dialysegeräten etwa überprüfen sie den Durchfluss des gereinigten Blutes, das den Patienten zurückgegeben wird. Wenn der Sensor kleinste Unregelmäßigkeiten wie Luftblasen feststellt, stoppt er das Gerät. „Sicherheitsschalter“ heißen diese Applikationen und sie müssen im Ernstfall retten. „Von der technischen Qualität her sind wir in diesem Bereich weltweit führend“, erklärt Hans-Joachim Münch.
Sämtliche Entwicklungs- und Produktionsschritte finden in Halle statt, denn bei der Fertigung von Ultraschallgeräten ist Genauigkeit Trumpf. In den Werkräumen ist das gut zu besichtigen: Sie erinnern eher an Labors als an klassische Werkstätten. Technische Mitarbeiter beugen sich konzentriert über hell ausgeleuchtete Arbeitstische, schrauben, feilen, kleben mit Präzisionswerkzeugen feinste Metallteile; weiße Arbeitskittel und der klinische Geruch verstärken die Laboratmosphäre noch. Die Komponenten der Ultraschallsensoren und -wandler sind winzig, in der Sensorfertigung werden sie mit Fingerspitzengefühl millimetergenau zusammengefügt. Hightech entsteht hier auch in Handarbeit.
Natürlich habe es immer mal wieder Angebote gegeben, mit der Firma in den Süden oder Westen Deutschlands zu gehen, erzählen die Firmeninhaber. „Aber warum sollten wir woanders hin? Unsere Intention war nie, das schnelle Geld zu machen“, so Münch. „Wir wollten Arbeitgeber in der Region sein und auch den Wirtschaftsstandort entwickeln. Der Anspruch, den wir haben: Dort, wo wir uns bewegen, in den Nischen der Ultraschalltechnik, da wollen wir Weltspitze sein.“ Und das geht auch von Halle aus, sehr gut sogar.
Auf KfW Stories veröffentlicht am 21. August 2018, zuletzt aktualisiert am 10. November 2020.
Zu diesen Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen leistet das dargestellte Projekt einen Beitrag
Ziel 9: Widerstandsfähige Infrastruktur und nachhaltige Industrialisierung
Eine nicht vorhandene oder marode Infrastruktur hemmt die Wirtschaftlichkeit und fördert so die Armut. Beim Aufbau der Infrastruktur sollte der Aspekt der Nachhaltigkeit im Vordergrund stehen, zum Beispiel mit der Förderung von umweltfreundlichen Verkehrsmitteln. Auch Fabriken und Industriestätten sollten nach ökologischen Gesichtspunkten nachhaltig produzieren, um eine unnötige Umweltbelastung zu vermeiden. Quelle: www.17ziele.de
Alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedeten im Jahr 2015 die Agenda 2030. Ihr Herzstück ist ein Katalog mit 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung, den Sustainable Development Goals (SDGs). Unsere Welt soll sich in einen Ort verwandeln, an dem Menschen ökologisch verträglich, sozial gerecht und wirtschaftlich leistungsfähig in Frieden miteinander leben können.
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