Der Propellerproduzent MMG baut energieeffiziente Schiffsantriebe
Schiffsantriebe

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„Der Leidensdruck war bisher nicht sehr hoch“

Der mecklenburgische Propellerproduzent MMG baut energieeffiziente Schiffsantriebe. Geschäftsführer Lars Greitsch über Versäumnisse, Verpflichtungen und die Vorteile seiner innovativen Antriebstechnik.

Zur Person
Der Propellerproduzent MMG baut energieeffiziente Schiffsantriebe

Dr. Lars Greitsch ist Geschäftsführer der Mecklenburger-Metallguss GmbH in Waren (Müritz). Das Traditionsunternehmen, das etwa 200 Mitarbeiter beschäftigt, hat sich auf kraftstoffsparende Schiffsantriebe spezialisiert und ist Mitglied bei GeMaX (German Maritime Export Initiative).

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Die Schifffahrt ist als Klimasünder in Verruf geraten. Qualmende Schlote zeigen augenfällig, dass enorme Mengen an Schadstoffen in die Luft geblasen werden. Brauchen wir einen Tesla der Meere, Herr Dr. Greitsch?

DR. LARS GREITSCH: Einen Elektroantrieb für große Schiffe halte ich auf absehbare Zeit für nicht realistisch. Dazu müssten wir Solarpanels mit solch hoher Effizienz an Bord haben, dass sie den kompletten Energiebedarf des Schiffs decken können. Dafür reicht die Oberfläche nicht aus. Zusätzlich ist man bei Solarpanels abhängig von Sonne und Wolken, das ist sicherlich nicht sinnvoll.

Worin liegt dann die Lösung? Allein das Transportvolumen in der Containerschifffahrt soll bis 2030 um weitere 50 Prozent steigen.

Zunächst einmal müssen wir unterscheiden: Wenn wir über CO2-Emissionen sprechen, ist ein Schiff, das bei einer einzigen Reise 20.000 Container befördern kann, das Transportmittel mit den geringsten Emissionen – umgerechnet auf jede Kiste und jede Tonne an Gewicht. Bei anderen Schadstoffen ist die Umweltbelastung maßgeblich davon abhängig, welche Kraftstoffe man nutzt.

Bisher fällt die Wahl in der Regel auf Schweröl – mit der Folge, dass weniger als 20 der größten Schiffe mehr Schwefeloxide ausstoßen als alle Autos weltweit zusammen.

Es stimmt, dass wir in der Schifffahrt noch Kraftstoffe mit relativ hohen Verunreinigungsgraden fahren. Allerdings gilt ab 2020 die Vorschrift, dass der Schwefelgehalt auf 0,5 Prozent reduziert werden muss. Zusätzlich besteht die Möglichkeit der Abgasnachbehandlung, also der Reduktion der Schadstoffe, wie man es von Autos seit Jahrzehnten kennt.

Der Propellerproduzent MMG baut energieeffiziente Schiffsantriebe
Blick in die Werkshalle

Die bronzelegierten Kupferpropeller wiegen bis zu 80 Tonnen.

Warum ist das nicht längst geschehen?

Meist wurde nur so viel getan wie gefordert. Es gab keine direkten Sanktionen für alle, die nicht grün waren. Im Gegenteil: Schifffahrt ist sehr stark konjunkturabhängig, und damit bedeutet jede Investition ein Risiko. Wer sich als Reeder entschließt, die Energieffizienz mit einer Nachrüstung zu steigern, muss darauf vertrauen, auch in kommenden Jahren genügend Charteraufträge zu erhalten. Früher waren Verträge von mehreren Jahren üblich. Jetzt sind manche froh, wenn sie wissen, dass es in den nächsten zwölf Monaten Arbeit für das Schiff gibt. Diese Unsicherheit ist nicht sehr förderlich. Da ist der eine oder andere Reeder schon bestraft worden, wenn er in Umweltschutz investiert hat, aber die Früchte nicht ernten konnte.

Wie viel können effizientere Antriebe leisten, um den Kraftstoffverbrauch zu senken?

Bei Containerschiffen, die wir mit unseren Propellern nachrüsten, erreichen wir eine Senkung des Kraftstoffverbrauchs von fünf bis fünfzehn Prozent. Bei einem Neubau sehen wir jedes Schiff als Herausforderung, das Optimum aus dem Propellerentwurf herauszuholen.

Welche Rolle spielt die Schiffsschraube für die Effizienz?

Der Propeller – das ist der branchenübliche Begriff – muss zunächst einmal auf die Form des Hinterschiffs abgestimmt sein, denn er agiert strömungstechnisch sehr stark mit der Form des Rumpfs.

Wir finanzieren

Die KfW IPEX-Bank zählt mit einem Kreditvolumen von 13,9 Milliarden Euro im Jahr 2017 zu den Top-5-Schiffsfinanzierern der Welt. In besonderem Maße unterstützt sie die Finanzierung nachhaltiger Konzepte in der maritimen Industrie bei Schiffsneubauten und der Modernisierung ganzer Flotten. Hier liegt der Schwerpunkt nicht allein auf Ansätzen zur Reduzierung von Emissionen, sondern auch auf Retrofit-Maßnahmen, die zur Effizienzsteigerung im Schiffsbetrieb beitragen, wie zum Beispiel Umrüstungen oder Modifikationen am Schiffsantrieb, der Rumpfform oder des Anstrichs.

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Das heißt, Verwirbelungen können bremsen?

Korrekt. Durch die Fahrt des Schiffes strömt das Wasser am Heck wieder zusammen, und diese Zuströmung in Richtung Propeller ist von Schiff zu Schiff verschieden. Zusätzlich verändert sie sich je nach Beladung und Geschwindigkeit. Deshalb betrachten wir im Entwurf des Propellers sogenannte Betriebsprofile. Bei einem Neubau sind das Hochrechnungen, die den Alltag simulieren. Im Fall einer Nachrüstung werten wir Daten darüber aus, wie das Schiff bisher gefahren wurde. Das ist wie ein Bewegungsprofil: Was macht der Eigner mit dem Schiff? Wie oft fährt er? Wie schnell? Mit wie viel Ladung?

Wozu nutzen Ihre Ingenieure solche Daten?

Der Propeller muss all diese Betriebspunkte bestmöglich erfüllen. Das ist immer ein Kompromiss, weil es um Mittelwerte geht, die typische Situationen abbilden. Der andere wichtige Aspekt eines Entwurfs gilt der detaillierten Betrachtung der Zuströmung, denn der Rumpf prägt seinen Fingerabdruck auf den Propeller auf, und der Propeller ist gezwungen, in dieser Zuströmung zu arbeiten. Motor und Propeller hängen bei einem Schiff direkt voneinander ab, weil es kein Getriebe und keine Kupplung gibt. Deshalb bestimmt der Propeller, der in der Zuströmung arbeitet, indirekt die Drehzahl des Motors. Bei falscher Abstimmung können dadurch drei bis vier Prozent an Effizienz verloren gehen.

Demnach müsste es doch im Interesse der Schiffsbauer und der Betreiber sein, das Schiff mit Ihnen zusammen zu entwerfen?

Der Trend geht dahin. Wir blicken allerdings zurück auf viele, viele Jahre, in denen wir versucht haben, das zu erklären – und doch wurde das Schiff zunächst einmal fertig entworfen, ehe wir sehr spät dazukamen.

Warum ändert sich das erst jetzt?

Der Leidensdruck war bisher nicht sehr hoch. In erster Linie wegen der niedrigen Kraftstoffpreise. Dazu kommt die Frage: Wer bestellt das Schiff, und wer bezahlt nachher die Spritrechnung? Das ist gerade in der Containerschifffahrt stark getrennt. Es gibt wenige Schiffseigner, die selbst fahren und dann auch für den Verbrauch bezahlen. Meist übernimmt ein Reeder, der das Schiff mietet, den Transport. So entsteht eine Trennung zwischen Besitzer, der für Bau und Ausstattung eines Schiffs bezahlt, und Betreiber, der an der Energieeffizienz ein Interesse hat.

Führender Schiffsfinanzierer

Seit Gründung der Unternehmensinitiative GeMaX im Jahr 2014 ist die KfW IPEX-Bank als erfahrene Partnerin an Bord, um den maritimen Kunden deutscher Zulieferer eine attraktive Finanzierung mitzugeben. Im April 2018 trat sie zudem als erste deutsche Bank den Responsible Ship Recycling Standards bei. Deren Ziel ist es, Reeder in die Verantwortung zu nehmen, sodass beim Abwracken ihrer Schiffe auf die Einhaltung von Mindeststandards bei Arbeits- und Umweltschutz geachtet und somit die Verschrottung als Teil der eigenen Wertschöpfungskette angesehen wird. „Wir kennen den Markt seit Jahrzehnten. Aktuell findet ein deutliches Umdenken Richtung mehr Nachhaltigkeit statt“, erklärt Holger Apel, Abteilungsleiter Maritime Industrie der KfW IPEX-Bank. „Als aktuell führender Schiffsfinanzierer in Deutschland denken wir aktiv mit und unterstützen diesen neuen Kurs.“

Wodurch kam bei Ihnen selbst der Anstoß zum Umdenken?

Von 2009 bis 2011 gab es vorübergehend hohen Druck aufgrund steigender Kraftstoffpreise. Wir haben ein Verkaufsargument darin gesehen, mit relativ einfachen Maßnahmen die Betriebskosten zu senken. Nach wie vor ist „Efficiency by MMG“ unser Schlagwort. Mit Zusatzeinrichtungen, die wir zum Teil mit Partnern wie Becker Marine Systems aus Hamburg entwickeln, schaffen wir einen sehr hohen Gesamtwirkungsgrad des Antriebs von 80 Prozent.

Sie haben bisher etwa 300 Schiffe umgerüstet. Wie viele weitere gäbe es, die von einem Propelleraustausch profitieren könnten?

Bei größeren Containerschiffen sehen wir ein sinnvolles Potenzial von weiteren 300 Schiffen. Man muss sich dabei immer überlegen: Ein neues Schiff fährt vielleicht 30 Jahre, und auch im Fall eines Retrofits reden wir über weitere 10 oder 15 Jahre, die das Schiff noch betrieben wird. Das ist eine lange Zeit für eine Maßnahme, die relativ schnell abbezahlt ist, aber viel Nutzen für die Umwelt bringt.

Halten Sie die Vision eines Containerschiffs, das klimaneutral über die Meere fährt, für realistisch?

Letztlich muss sie realistisch sein, denn die fossilen Energieträger sind – wie wir alle wissen – endlich und werden wahrscheinlich auch so teuer, dass kein Weg darum herumführt, Alternativen zu finden. Was wir brauchen, sind Kraftstoffe mit hoher Energiedichte, die sich beispielsweise mit Solarstrom oder Windkraft erzeugen lassen. Dann ist automatisch die CO₂-Neutralität gegeben. Technologisch ist das eigentlich klar. Die große Frage ist nur, wann.

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Alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedeten im Jahr 2015 die Agenda 2030. Ihr Herzstück ist ein Katalog mit 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung, den Sustainable Development Goals (SDGs). Unsere Welt soll sich in einen Ort verwandeln, an dem Menschen ökologisch verträglich, sozial gerecht und wirtschaftlich leistungsfähig in Frieden miteinander leben können.

Quelle
Cover Chancen Nachhaltigkeit

Der Artikel ist erschienen in CHANCEN Herbst/Winter 2018 „Eine bessere Welt ist möglich“.

Zur Ausgabe

Auf KfW Stories veröffentlicht am 26. November 2018.