Viele Jahre hat Peter Brinkmann als Manager in Großkonzernen gearbeitet. Doch der Wunsch des promovierten Chemikers, ein eigenes Unternehmen zu führen, wurde immer größer. Zusammen mit seiner Frau Annemarie übernahm Peter Brinkmann 2013 einen führenden Anbieter von Kunststoffbauteilen, die TKT Kunststoff-Technik GmbH.
Der Arbeitstag von Peter Brinkmann beginnt mit einer halben Stunde Autofahrt von Osnabrück nach Bad Laer. An einer Landstraße am Rande des kleinen Ortes steht eine große Halle. Seit über 15 Jahren werden hier thermoplastische Kunststoffbauteile und -baugruppen für die Industrie hergestellt. Einen dieser Artikel haben die meisten Menschen zu Hause: den Tesafilm-Abroller.
Der Unternehmensnachfolger führt Besucher gern durch die Produktion. Hier bedienen 45 Arbeiter in drei Schichten die Spritzguss-Maschinen. Manche Einzelteile werden auch in Handarbeit zusammengefügt. Nicht nur für Tesa stellt die TKT Polymer-Artikel her, auch die Gehäuse von Netz- und Ladegeräten, komplexe Filtersysteme oder Bügel für die industrielle Wäschereitechnik kommen aus Niedersachsen.
Im Inneren der neuesten Anschaffung, einer Fertigungseinheit mit CNC-Roboter, entstehen die Gehäuse von Filtersystemen. Eingesetzt werden sie beispielsweise im Lebensmittelbereich. Ein Schlauch saugt das Polymer-Granulat an, es wird bei 170 Grad verflüssigt und in eine Form eingespritzt. Durch die Kühlung mit Wasser verfestigt sich der Kunststoff wieder. Kurz danach hebt der Arm des Roboters den fertigen Artikel auf ein Band.
Video: Wie Peter Brinkmann die TKT Kunststoff-Technik GmbH übernahm (KfW Bankengruppe/C3 Creative Code and Content).
Es ist ein langer Weg, bevor die Maschinen solche Bauteile herstellen können. Nach den Vorgaben der Kunden wird zunächst ein Datensatz für die Konstruktion aufgebaut und ein 3D-Modell entworfen. Wenn dieser Prototyp alle Anforderungen erfüllt, wird die Spritzgussform ausgearbeitet und die Serienproduktion startet – bis dahin vergeht oft ein halbes Jahr.
„Natürlich können viele Teile auch in China gefertigt werden, das ist ein bisschen günstiger. Aber die Logistikkette ist anders. Wünsche wie unterschiedliche Farben in einer Marge oder Sonderartikel und komplexe Montagen sind meist nicht in ausreichender Qualität möglich. Wir entwickeln das Produkt in Zusammenarbeit mit unseren Kunden und können flexibel und schnell reagieren“, erklärt Peter Brinkmann die Arbeitsweise seines Unternehmens.
Seit fünf Jahren führt er die TKT. Gekauft hat er sie zusammen mit seiner Frau Annemarie. Der Aufbau einer Firma in dieser Branche ist mit hohen Kosten und großem Risiko verbunden. Daher kam für die beiden nur die Übernahme eines etablierten Unternehmens in Frage. Sie haben über Nachfolgebörsen wie nexxt-change nach geeigneten Betrieben Ausschau gehalten. Den entscheidenden Hinweis gab jedoch ein Bekannter aus der Region. „Die TKT hat uns gleich gefallen, denn hier gibt es viele Entwicklungsmöglichkeiten“, erzählt Annemarie Brinkmann.
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Ein 3D-Modell der Spritzgussform steht am Anfang jeden Artikels. Die Entwicklung erfolgt in Zusammenarbeit mit den Kunden.
Die Übernahme verlief reibungslos. „Plötzlich war ich Unternehmer und hatte ein Team von 60 Mitarbeitern“, sagt Peter Brinkmann. „Ich habe viel Führungserfahrung. Trotzdem ist es ein Unterschied, ob man als Angestellter agiert oder die volle Verantwortung für die ganze Mannschaft hat.“ Viele technische Abläufe waren neu für ihn. Als große Hilfe erwies sich einer der früheren Gesellschafter. Er blieb noch ein Jahr als Angestellter in der Firma und steht auch heute noch mit seinem Rat zur Seite. Unterstützung gab es ebenso von der kaufmännischen Leiterin: „Sie ist das Rückgrat der Firma. Ich bin ihr sehr dankbar für die gute Zusammenarbeit.“
Der neue Eigentümer näherte sich seinem neuen Wirkungsfeld behutsam an und nahm in den ersten beiden Jahren wenig Veränderungen vor. Am wichtigsten war zunächst, das Vertrauen der Mitarbeiter zu gewinnen – nur mit ihnen zusammen kann er die TKT in ein neues Zeitalter führen. Denn auch wenn das Unternehmen gut aufgestellt ist: Die Anforderungen an die Produktion werden immer komplexer. Moderne, digital gesteuerte Maschinen sind notwendig, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Bald werden daher weitere Roboter in der Halle stehen, außerdem ist die Firma auf der Suche nach qualifizierten Mitarbeitern.
Der Wandel bedeutet auch für alle in der Produktion eine Umstellung. Waren sie es früher gewohnt, dass der Chef neben ihnen an der Maschine stand und die Entscheidungen traf, sind sie heute stärker gefordert. Viel Kraft verwendet der Unternehmer daher auf die strukturelle Reform des Betriebes. Eine externe Beratungsfirma unterstützt ihn dabei.
Es ist Mittagszeit in Bad Laer, bald wechselt die Schicht. Peter Brinkmann geht zurück ins Büro. Seine Frau ist heute ebenfalls hier, um mit ihm einige Verträge zu prüfen. Die promovierte Juristin ist Fachanwältin für Wirtschaftsrecht in einer Kanzlei in Osnabrück. „Für mich ist hier glücklicherweise nicht so viel zu tun, wir haben kaum Rechtsfälle“, sagt sie lachend. Die Familie Brinkmann hat keine einfachen Zeiten hinter sich. „Wir stammen beide aus der Region, aber unsere vier Kinder kannten Niedersachsen nur von den Besuchen bei den Großeltern. Unsere älteste Tochter war damals vierzehn und wollte nicht weg aus Bayern, es war wirklich schwer für sie. Auch ihre Schwester hatte großes Heimweh“, sagt sie. Trotzdem habe sie sich sehr gefreut, als sie die TKT gefunden hatten.
Nach fünf Jahren haben sich alle gut eingelebt und viele Freunde gefunden. Für die Kinder hat sich Osnabrück als Glücksgriff entpuppt: Es gibt gute Schulen und viele Möglichkeiten für ihre Freizeit, sie können hier selbstständiger unterwegs sein als auf dem bayerischen Land. Und noch etwas ist anders, erzählt Annemarie Brinkmann: „Mein Mann ist als Manager immer sehr viel unterwegs gewesen, zwei oder drei Wochen in Asien waren keine Seltenheit. Jetzt können wir abends alle zusammen essen. Das bedeutet uns viel, und es ist längst entschieden: Hier bleiben wir!“
Auf KfW Stories veröffentlicht am: Mittwoch, 21. Februar 2018
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