Die Traditionsbäckerei Müller & Egerer hat ihre Produktionsprozesse von einem Energieberater unter die Lupe nehmen lassen. Dabei wurde schnell klar, dass die Nutzung der Ofenabwärme ein enormes Einsparpotenzial birgt. Im Interview und im Film erläutert Geschäftsführer Jan-Christoph Egerer, wie er seinen Betrieb nachhaltig modernisiert hat und wie er schon jetzt davon profitiert.
Energieeffiziente Backstube
Wie die Bäckerei Müller & Egerer massiv Energiekosten einspart (KfW Bankengruppe/Eggers & Heinemann).
Herr Egerer, Sie führen die Bäckerei Müller & Egerer bereits in dritter Generation.
JAN-CHRISTOPH EGERER: Das stimmt. Mein Großvater hat den Betrieb vor mehr als 70 Jahren gegründet, meine Eltern haben ihn weitergeführt, und ich bin 1994 ins Unternehmen eingestiegen.
Sie sind quasi in der Backstube groß geworden und kennen die Abläufe von klein auf. Was sind Ihrer Meinung nach in den letzten Jahren die wichtigsten Weiterentwicklungen bei den Produktionsprozessen gewesen?
Im Bereich Ofen- und Kältetechnik hat sich enorm viel getan. Kältetechnik existierte ja noch gar nicht, als meine Eltern den Betrieb führten. Da gab es einen Kühlschrank, aber nicht diese komplexen Gärverzögerungsprozesse, die heute unsere Abläufe bestimmen. Vorrangig ist dabei natürlich das Endprodukt, das muss schmecken, unverwechselbar und gut sein. Den Kunden interessiert es relativ wenig, wie, wann und warum wir einen Teigling gekühlt und wieder erwärmt haben und wie energieeffizient der Ablauf war. Aber betriebswirtschaftlich ist die Energieeffizienz der neuen Technologie natürlich von größter Bedeutung.
Zur Person
Jan-Christoph Egerer, 52, seit 1994 Geschäftsführer der Müller & Egerer GmbH im norddeutschen Rastede (Ammerland) mit 58 Standorten von Wilhelmshaven über Oldenburg bis nach Bremen.
Warum?
Es ist einmal eine Verantwortung, die ich empfinde. Wir verfolgen das Ziel, besonders nachhaltig zu produzieren. Da ist Energieeinsparung natürlich ein Muss. Und natürlich sind die Energiekosten ein erheblicher Faktor. Seit wir unser Energiemanagementsystem etabliert haben, arbeiten wir viel effizienter und sparsamer. Das bestätigt auch unser Energieberater, der den Vergleich zu vielen anderen Bäckereibetrieben hat.
Wie haben Sie herausgefunden, wodurch Sie besonders viel Energie einsparen können?
Dafür haben wir uns die Hilfe eben dieses Energieberaters geholt, der sich auf Bäckereien spezialisiert hat und unser Energiemanagement betreut. Denn die Energieströme in einer Backstube sind äußerst komplex. Da braucht man jemanden, der sich wirklich auskennt. Generell gilt natürlich, dass jede Backstube wegen der Öfen einen Wärmeüberschuss hat. Den Überschuss nutzen wir. Wir haben mit dem Berater ein differenziertes Modernisierungs- und Abwärmekonzept entwickelt und die empfohlenen Maßnahmen Schritt für Schritt umgesetzt. Dadurch können wir nun pro Jahr knapp 650.000 kWh Primärenergie einsparen. In unserem Fall ist das hauptsächlich Erdgas.
Können Sie uns an einem Beispiel erklären, wie das abläuft?
Natürlich. Nachts wird gebacken, da entsteht Abwärme. Dann wird zu einer anderen Zeit gespült. Oder wir erwärmen Teiglinge. Da kann die Abwärme wieder genutzt werden.
Klingt erst einmal nicht sonderlich komplex.
Ist es aber! Im Handwerk ändern sich ja auch ständig Abläufe, manchmal müssen wir einen Herstellungsprozess, den wir bisher nachmittags erledigt haben, in den Vormittag verlegen. Dann benötigen wir plötzlich dafür Wärme oder Kühlung oder neue Abwärme entsteht. Man muss sich fragen: Wann nutzt man die Abwärme am besten? Soll der Spülprozess stattfinden, wenn wirklich am meisten Abwärme da ist? Oder sagt man: Nein, wir müssen so große Pufferspeicher haben, dass immer genug Wärme da ist. Diese Entscheidungen hätten wir ohne einen spezialisierten Berater nicht treffen können. Die ersten Schritte im Bereich Energieeffizienz haben wir mit Beratern gemacht, die kein Branchen-Know-how besaßen, allesamt versierte Ingenieure. Doch die sind kläglich gescheitert.
Weil die Energieströme in der Bäckerei so vielschichtig sind?
Genau. Das muss jemand beurteilen, der wirklich die Abläufe versteht und die Technologie zur Steuerung kennt. Wir produzieren täglich bis zu 4.500 Brote und 75.000 Brötchen. Natürlich steht für uns Betriebssicherheit an erster Stelle. Wir haben zum Beispiel die Gärunterbrecher, die erst die Teiglinge herunterkühlen, sie in den Nachmittagsstunden aber wieder erwärmen. Das machen wir jetzt mit der Ofenabwärme aus den Pufferspeichern. Nun stellen Sie sich vor, die Wärme reicht nicht aus. Dafür haben wir noch unseren alten Kessel in Notfunktion dahinter, der einspringt, damit wir auf jeden Fall die Teiglinge erwärmen können und dabei nicht in die Stromspitzen kommen.
„Berater ohne Branchen-Know-how sind alle kläglich gescheitert.“
Für Ihren Betrieb ist das sicherlich sinnvoll. Würden Sie kleineren Bäckereien auch raten, sich mit der Nutzung von Abwärme auseinanderzusetzen?
Ja, das ist alternativlos, auf alle Fälle. Die brauchen ja nicht gleich so ein komplexes Steuerungssystem wie wir. Zumindest die Bereiche, in denen man früher klassisch fossile Brennstoffe genutzt hat, also die Warmwasserbereitung und die Heizung, kann jede Bäckerei relativ simpel abdecken, einfach durch die Abwärme aus dem Ofen.
Für die Technologie braucht man erst einmal das Geld.
Ja, das sind Investitionen, aber die lohnen sich!
Können Sie schon Einsparungen beziffern?
Oh ja, und zwar signifikant. Wir haben kürzlich unsere Gas-Jahresabrechnung bekommen. Trotz einer Umsatzsteigerung von 20 Prozent haben wir nicht mehr Gas verbraucht als im Vorjahr.
Wie haben Sie die Modernisierungsmaßnahmen finanziert?
Das war ein über mehrere Schritte laufender Umbau, den wir zum Teil aus Eigenmitteln und zum Teil kreditfinanziert mit KfW-Förderung gestemmt haben. Auch hier war unser Energieberater ausschlaggebend. Er hat uns über die Förderung informiert und gemeinsam mit unserem kaufmännischen Leiter den Antrag über unsere Hausbank eingereicht.
Welche Vorteile erleben Sie sonst noch aufgrund der Modernisierung?
Die Mitarbeiter in der Backstube sind zufriedener. Alle Kessel stehen jetzt im separaten Technikraum, so haben wir nicht mehr diese Wärmeextreme über die Abwärme, die wirklich sehr belastend sein konnten. Und dann ist da jetzt auch eine sehr angenehme Ruhe in der Backstube, das ist für das Team eine deutliche Verbesserung.
Können Sie sich noch daran erinnern, wie es früher war, wenn Sie als Kind in die Backstube gekommen sind?
Oh ja, an jedes Detail! Kein Vergleich zu heute. Die Gerüche, Lärm, die Hitze. Wir waren ein relativ kleiner, überschaubarer Handwerksbetrieb. Alles befand sich unter einem Dach: unsere Wohnung, die Backstube, die Mitarbeiter, die Familie. Geweckt wurde ich immer von der Schwarzbrotmaschine, die morgens um fünf Uhr anfing zu rattern. Da brauchte ich keinen Wecker.
Auf KfW Stories veröffentlicht am: Mittwoch, 12. Dezember 2018
Zu diesen Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen leistet das dargestellte Projekt einen Beitrag
Ziel 12: Nachhaltige Konsum- und Produktionsweisen
Die Menschheit lebt seit Langem über ihre ökologischen Verhältnisse. Dies gilt in besonderem Maße für die Industrieländer und die wachsenden Ober- und Mittelschichten in vielen Schwellenländern. Der Wandel zu einer Wirtschafts- und Lebensweise, die die natürlichen Grenzen unseres Planeten respektiert, kann nur gelingen, wenn wir unsere Konsumgewohnheiten und Produktionstechniken umstellen. Dazu sind international gültige Regeln für Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutz wichtig. Quelle: www.17ziele.de
Alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedeten im Jahr 2015 die Agenda 2030. Ihr Herzstück ist ein Katalog mit 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung, den Sustainable Development Goals (SDGs). Unsere Welt soll sich in einen Ort verwandeln, an dem Menschen ökologisch verträglich, sozial gerecht und wirtschaftlich leistungsfähig in Frieden miteinander leben können.
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